Annettes Sifi - Seite
Berichte und Informationen von den 1. Senioren-Hallenweltmeisterschaften
Glaspalast Sindelfingen 10. - 14. März 2004


Masters-WM-Lokalnachrichten aus Norddeutschland
- zusammengetragen von Klaus Michalski hier...


1. Senioren Weltmeisterschaften mit Crosslauf, Straßengehen und Winterwurf
10.-14. März 2004 in Sindelfingen

Es gilt noch eine große Veranstaltung nachzutragen, die im März in Sindelfingen ausgetragen wurde: Die 1. Weltmeisterschaften der Senioren waren organisatorisch und teilnehmermäßig ein großer Erfolg für die gesamte Leichathletik-Familie. IAAF-Präsident Lamine Diack besuchte die Veranstaltung und konnte mit Genugtuung feststellen, daß die Senioren der Leichtathletik sich nicht im Sessel ausruhen, sondern mit großer Begeisterung ihre Sportart auch im Alter weiterhin intensiv betreiben. Karl-Heinz Flucke, Breitensportwart des Berliner Leichtathletik-Verbandes, war in Sindelfingen in offizieller Funktion vertreten und berichtet in Kurzform von den Erfolgen der Berliner Teilnehme im Crosslauf:
Als Athletenbetreuer des Deutschen Senioren Leichtathletik-Teams bei diesen ersten Weltmeisterschaften hatte ich die Gelegenheit direkt vor Ort über die Entwicklung der Seniorenerfolge im Cross zu berichten:
Entnimmt der Leichtathletik Enzyklopädie eine Definition für Crosslauf, findet man: „Wettkampfmäßiger Lauf durchs Gelände, bei dem natürliche z. T. auch künstliche Hindernisse zu überwinden sind. Die Laufweise wird den Geländeverhältnissen angepasst. Besonders populär in Belgien, Großbritannien, Frankreich und Neuseeland.“ Im weiteren: „… als Amateursport 1837 wettkampfmäßig betrieben. Erste internationale Crosswettkämpfe 1898 zwischen England und Frankreich. Zweimal olympische Disziplin: 1912 (Sieger Kolehmainen/Finnland) und 1924 (Sieger Nurmi/Finnland).“
Crosslauf hat in Deutschland eine lange Tradition. So wurde der erste Crosslauf im Norden Berlins, in Hohen Neuendorf bereits im Jahre 1898 durchgeführt. Bei den internationalen Seniorenmeisterschaften wurde der Crosslauf dem Straßenprogramm (Gehen, Straßenlauf und Marathonlauf) zugeschlagen, was für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer oft mit Qualen verbunden ist, wenn bei 35° Hitze (wie im letzten Jahr in Puerto Rico) herrschen.
Crossläufe werden meistens in den Monaten Oktober – April ausgetragen und so bot es sich an, diesen Wettbewerb mit in das Weltmeisterschaftsprogramm vorerst als Rahmenprogramm aufzunehmen, was sich als recht großer Erfolg herausstellte. Erfolg für das deutsche Team mit insgesamt 24 Medaillen, davon 11 für die Seniorinnen und 13 für die Männer. „Goldig“ ging es für die Seniorinnen 5 x aus, bei den Männern nur 3 x.
Erfolg andererseits auch bei der Beteiligung, denn die stärksten Startergruppe verzeichnete man bei den Senioren der Klasse M45 mit 22 Startern und M50 mit 16 Startern, bei denen auch die Berliner Eckart Broy (LC Ron Hill) 19. Platz 30:39 Min. und Bertold Rämisch (LG Süd Berlin) 9. Platz 27:39 Min. um Medaillenehren kämpfen wollten. Bei den Seniorinnen dagegen war die Klasse W40 am stärksten vertreten, hier konnte die Berlinerin Sylvia Jacobs (LC Ron Hill) die Bronzemedaille für ihren guten Lauf in Empfang nehmen. Aber nicht nur deutsche Teilnehmer waren begeistert, sondern auch die vielen internationalen Starter aus USA, Spanien, Libanon, Schweiz, Österreich, Russland, Tschechien, Canada, Belgien – die Aufzählung könnte noch fortgesetzt werden - und sogar ein Starter aus Indien: Der über 70jährige De, Narayan Chandra der zwischen Bahngehen und Straßengehen den Crosslauf als lockere Abwechslung empfand. Bester Deutscher in der Klasse M70 war Leo Hohmann vom benachbarten Lok Potsdam der in 31:26 Min. auf Platz 6 einkam. Somit ist seine Generalprobe gelungen, denn er wird im April 2004 bei den Straßenweltmeisterschaften in Neuseeland wiederum an den Start gehen.
Der Crosslauf wurde auch für die Zuschauer äußerst interessant, zumal die Strecke gut einzusehen war und der Veranstalter einen Rundkurs von ca. 1.100 m wählte, der 4 x zu durchlaufen war. Meisterschaftsreif war die Strecke auf jeden Fall, denn in jeder Runde mussten mehrere kleine Hügel genommen werden und an kleinen Bodenunebenheiten fehlte es wahrlich nicht.
Somit wird der Aufnahme des Crossprogramms bei den nächsten Senioren-Hallenweltmeisterschaften 2006 in Linz nichts im Wege stehen und dort hoffen ich mit einer noch größeren Teilnahme von deutschen Crossläuferinnen und Crossläufern.
(Karl-Heinz Flucke auf www.berlin-marathon.com 14.04.04)


Seniorensportler holten drei WM-Titel

Mit drei Titeln im Gepäck kehrten die Sportler aus Mecklenburg-Vorpommern von der Hallen-WM der Senioren-Leichtathleten in Sindelfingen zurück. Die Rostockerin Renate Vogel (W 60/HSG Uni) gewann im Speerwurf und im Hochsprung die Goldmedaille. Enrico Püritz (M 40) vom SV Eintracht Zinnowitz setzte sich im Kugelstoßen klar durch. Bronze sicherte sich Rosemarie Mahnke (W 65/HSG Uni) über 200 m. Holger Schröder (M 35/1. LAV Rostock) im 60-m-Sprint Achter. Schröder und Mahnke gehörten zudem zu den deutschen Staffeln, die über 4 x 200 m jeweils die Goldmedaille gewannen. (Quelle Ostsee-Zeitung; 16.03.04)


Zentner mit zwei Siegen

Leichtathletik-Masters: Pforzheimerin über 800 und 1500 Meter vorn - Silber für Schwab

Bei den ersten Hallen-Weltmeisterschaften der Masters im Sindelfinger Glaspalast kämpften 2624 Athleten aus 56 Nationen unter den Augen von IAAF-Präsident Lamine Diack um Medaillen.
Sechs Leichtathleten aus der Region erlebten die WM-Wettkämpfe für Frauen ab 35, Männer ab 40 Jahren hautnah. Neben Lidia Zentner (Gazelle Pforzheim/Königsbach) und ihrem Teamkollegen Otto Schwab waren mit Anton Gassmann und Christian Tauscher zwei Athleten der LAG Pforzheim am Start. Dazu gesellte sich noch Thomas Murphy (TV Tiefenbronn) und Roland Wahl aus Pforzheim.
Lidia Zentner entschied sich im Vorfeld für Starts über 800 und 1500 Metern und holte beide Male Gold. Über 800 Meter ließ es die "Gazelle" an der Spitze des Feldes mit einer Zwischenzeit von 1:24 Minuten nach 400 Meter locker angehen. Den 84 Sekunden ließ Zentner 73 Sekunden für die zweite Hälfte des Rennens folgen, womit am Ende 2:37,52 Minuten zu Buche standen. Auf Rang zwei folgte Carol Wright (Belgien) mit deutlichem Abstand von über fünf Sekunden.
Über 1500 Meter versuchte Zentner erneut mit einem gemütlichen Lauf das Feld einzuschläfern. Doch diesmal hatte Waltraud Egger (Italien) etwas dagegen, denn sie verschärfte nach 300 Metern das Tempo. Sofort löste sich das Duo vom Rest des Feldes, doch so sehr sich die Italienerin auch mühte, die "Gazelle" ließ sich nicht abschütteln. Mitte der vorletzten Runde übernahm Zentner die Führung, die sie bis ins Ziel nicht mehr abgab. Mit ihrer Laufzeit von 5:06,46 Minuten konnte Lidia Zentner als "Golden-Girl" ihren zweiten WM-Titel feiern, wieder mit einem deutlichen Vorsprung von über sechs Sekunden auf die Vizemeisterin. Beim 3000 Meter Bahngehen der M 75 holte Otto Schwab mit 20:45,62 Minuten WM-Silber mit 0,82 Sekunden Vorsprung auf den Drittplatzierten. Der Sieger (20:08,22) kam mit Mario Aguayo aus Chile.
Für Anton Gassmann und Christian Tauscher hingen die WM-Trauben zu hoch. Dennoch konnte Kugelstoßer Anton Gassmann mit 10,83 Meter im Rahmen seiner Möglichkeiten überzeugen. Als Neuntplaziertem fehlten ihm zum Finaleinzug lediglich sieben Zentimeter. Den WM-Titel gewann Karl-Heinz Marg mit 15,15 Meter. Christian Tauscher belegte beim Stabhochsprung der M 50 mit 2,60 Meter den neunten und letzten Rang. Der Sieger Wolfgang Ritte sprang mit 4,45 Meter nahezu zwei Meter höher.
Der Pforzheimer Roland Wahl stellte sich als ehemaliger Sprinter über 60 Meter. Einfach so, ohne Vorbereitung. Mit 8,74 Sekunden konnte er einen der 53 angetretenen Sprinter der M 40 hinter sich lassen. Gold ging an Philippe Diericx (Belgien) in 7,12 Sekunden.
Im Rahmenprogramm belegte Thomas Murphy im Crosslauf über acht Kilometer der M 40 mit 24:43 Minuten Rang sieben. Beim Diskus der M 65 landete Anton Gassmann auf Platz fünf mit 37,57 Meter und das 10-Kilometer-Straßengehen der M 75 gewann Otto Schwab in 1:07:35 Stunden.
(Herbert Jaehtzen,16.03.04)


Harburgs Senioren in Top-Form

Sechs Weltmeistertitel, sechs Silbermedaillen und vier dritte Plätze sind eine hervorragende Bilanz bei den ersten Hallenweltmeisterschaften in Sindelfingen.
Zwei Weltmeistertitel. So richtig fassen wird Brigitte Heidrich vom TSV Stelle ihren sportlichen Triumph wohl erst in den nächsten Tagen. "Ich habe heute so harte Waden, ich kann kaum gehen", kämpfte die Leichtathletin auch noch einen Tag nach den ersten Senioren-Weltmeisterschaften in der Halle mit den Nachwirkungen eines strapaziösen Wettkampfs. Die 42-Jährige musste in Sindelfingen ein strammes Programm bewältigen, stand bei sieben Rennen über 200 und 400 Meter an nur zwei Tagen am Startblock. "So einen Stress haben nicht mal die Spitzensportler bei Olympischen Spielen", zeigte sich auch Trainer Eckart Küster erstaunt über die Vielzahl der Starts mit Vor-, Zwischen und Endläufen. Und auch Wiebke Baseda vom SV Grün-Weiss Harburg schwebt noch immer in Glücksgefühlen. Erst spät in der Nacht war sie aus Sindelfingen zurückgekehrt, wurde morgens in der Sinstorfer Kinderstube mit einem selbstgemalten Poster ihrer Kinder empfangen und musste erzählen, wie sie ihren ersten Weltmeistertitel im Speerwerfen erkämpfte. Beeindruckt waren sie und ihre Mitstreiter aus Stadt und Kreis Harburg von Atmosphäre. 2600 Athleten aus 56 Nationen waren am Start.
Brigitte Heidrich und Wiebke Baseda gehören zur Trainingsgruppe von Eckart Küster. Und der ist sichtlich stolz auf seine Schützlinge. So eine gute Bilanz hatte er als Leichtathletik-Trainer noch nie. "Dabei habe ich schon viele nationale und internationale Wettkämpfe mitgemacht", sagte er. Und in seiner Stimme klingt ein wenig Stolz mit. Drei Weltmeistertitel, eine Silbermedaille und viermal bronzenes Edelmetall holten seine Athleten unter dem Dach des Glaspalastes in Sindelfingen.
Herausragend dabei die beiden Weltmeistertitel von Brigitte Heidrich. Die Läuferin und zweifache Mutter gewann die Goldmedaille über 400 Meter in der Altersklasse W40. Dabei besiegte sie ihre Dauerrivalin Irena Gazda-Sagolla (TSV 05 Remsfeld) in einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit elf Hundertstelsekunden.
Die 4 x 200 Meterstaffel mit Anke Moritz, Brigitte Heidrich, Angelika Grissmer und Ulkrike Görling lief mit sieben Sekunden vor England ins Ziel. Das Jubeln blieb dem Quartett im Hals stecken, die Staffel wurde disqualifiziert, weil sie die Wechselmarke überlaufen hatte. Erst Videoaufnahmen dokumentierten den Irrtum. Der Wechsel war korrekt, die deutsche Staffel stellte mit 1:44,34 Minuten sogar einen Senioren-Weltrekord auf.
Horst Albrecht vom TuS Fleestedt durfte sich die Goldmedaille für seinen Sieg im 60-Meter-Hürdenlauf der Senioren M80 umhängen lassen, stand ebenfalls in der 4 x 200 Meterstaffel seiner Altersklasse ganz oben auf dem Treppchen. Der fidele Senior holte zudem drei Silbermedaillen (Weitsprung, Dreisprung, Fünfkampf). "Es hat sich ausgezahlt, dass ich im Hinblick auf diese Hallen-WM fünfzig Mal die Hürden gelaufen bin", sagte er. Zweimal Bronze gab es bei den im Rahmenprogramm ausgetragenen Entscheidungen im Winterwurf. Astrid Jobmann vom TSV Stelle ließ die Diskusscheibe auf 37,29 Meter und den Hammer auf 38,46 Meter fliegen. Vereinskameradin Silke Heitmann erlief sich mit der 4 x 200-Meter-Staffel (W 45) die Silbermedaille hinter Großbritannien. Über 60 Meter der Seniorinnen W 40 sprintete Miriam Machill (TSV Eintracht Hittfeld) nur hauchdünn an einer Medaille vorbei.
Klaus Langer (M85) von der LG HNF zählt ebenfalls zu den Weltmeistern, sprang mit 1,06 Meter im Hochsprung zum Titel und war zweimal Zweiter (Speer und Weitsprung). Margarete Strüven (W80, LG HNF) stand zweimal als Weltmeisterin im Hoch- und Weitsprung auf dem Treppchen. Teamkollegin Helga Schneider (W75) sicherte sich im Diskuswerfen mit 17,63 Meter Silber.
(Quelle Hamburger Abendblatt, 16.03.04)


Wetterfeste Diskuswerfer im Schnee

Die Senioren-WM im Sindelfinger Glaspalast bietet ein buntes Bild. 2536 Teilnehmer aus 60 Nationen sind ins "Ländle" gekommen, dort wo die Leichtathletik schon viele große Leichtathletik-Feste gefeiert hat. Über 500 Kampfrichter leisten Dienst an den Sportlern, der Zeitplan reicht von morgens 8.30 Uhr bis nach 22.30 Uhr. Ein richtiger Veranstaltungsmarathon.

Während es im Glaspalast warm und die Atmosphäre bestens ist, nagt im Floschenstadion bei den Winterwurf-Wettbewerben der Winter noch einmal kräftig an den Gliedern. Ein Stimmungsbild. Im Glaspalast finden gerade die 200 Meter-Finals statt. Erhobene Fäuste nach dem Zieldurchlauf, jubelnde Sportlerinnen und Sportler auf der Ehrenrunde. Die Bilder gleichen denen eine Woche zuvor in Budapest. Im Foyer finden Siegerehrungen statt – nonstop. 1500 Medaillen wollen schließlich verteilt werden. Da sind die Ehrenden – DLV-Vize Theo Rous, WLV-Präsident Karl-Heinrich Lebherz, sein designierter Nachfolger Jürgen Scholz oder DLV-Kinderbeauftragte Fred Eberle - gefordert. Medaillenübergabe, Siegerfotos, raus aus der Ecke, denn schon stehen die nächsten bereit. Im Umgang findet man viele medaillendekorierte Sportler, strahlende Gesichter inbegriffen.
Szenenwechsel. Floschenstadion, 10 Zentimeter Tiefschnee. Auch hier haben die Ehrenamtlichen mit Pflug und Schippen ihre Spuren hinterlassen. Die Wurfanlagen mussten geräumt werden. Diskuswerfen der 70-jährigen Männer, Speerwerfen der 45-jährigen Frauen, und auf dem Nebenplatz Hammerwerfen.
Die Gesichter sind starr, die Hände klamm, der Diskus in der Tasche oder im Handtuch versteckt. "Man sieht eigentlich seit Jahren immer dieselben Gesichter", sagt Leonhard Jensen, von der TSG Öhringen bei Heilbronn. Erstmals Lokalmatador bei einer Masters-WM oder EM. 1951 war er Deutscher Juniorenmeister im Kugelstoßen, startete im Trikot des ASV Köln und des VfL Wolfsburg. Mit 28 verabschiedete er sich aus beruflichen Gründen aus der Leichtathletik.
Mit 61 hat er wieder angefangen. "Über das Sportabzeichen habe ich wieder Kugel und Diskus in die Hand genommen und bin seitdem wieder dabei", erzählt Leonhard Jensen während des Wettbewerbs. Er ist locker, hat schon sechs Mal an Senioren-Weltmeisterschaften teilgenommen. Die meisten seiner Konkurrenten können eine gewisse Verbissenheit nicht verbergen. "Es gibt schon ganz Ehrgeizige unter uns", bemerkt Leonhard Jensen, den alle "Leo" rufen vor seinem fünften Versuch.
Doping im Seniorensport? "Das ist alles an mir vorübergegangen", sagt er. "Wissen Sie, ich habe meine Erfüllung im Beruf gefunden", zeigt sich der ehemalige Marketing-Chef von VW in Wolfsburg sehr zufrieden mit seiner Lebensbilanz. "Doping, na ja, wenn einige Viertele Trollinger darunter fallen, dann ja" Er hat sich auf 38,68 Meter mit dem Ein-Kilo-Diskus verbessert und wird damit Zweiter hinter dem Italiener Camelo Rado (44,10 Meter).
"Im nächsten Jahr werde ich wohl endgültig aufhören", sagt Leo Jensen und zieht seine Wollmütze wieder auf. Zehn Enkelkinder fordern ihren Tribut. Im Glaspalast treffen sich die ersten Acht - es sind ausschließlich Europäer - noch einmal zum Abschlussfoto.
Auf der gegenüberliegenden Seite läuft der letzte Durchgang im Speerwerfen der Frauen (W45). Sechs Europäerinnen und eine Werferin aus Australien verstecken sich nach jedem Wurf hinter wärmender Kleidung. "War der jetzt gültig oder wieder nicht?", wird in die Runde gefragt. Rote Fahne, die Kampfrichter der Senioren-WM sind dieselben wie die bei Landesmeisterschaften oder Deutschen Meisterschaften, also kein Pardon!
Wiebke Baseda hat bei 33,03 Metern den weitesten Eindruck hinterlassen. Während die Sportlerinnen in den wärmenden Glaspalast drängen, leisten die Kampfrichter ihren ehrenamtlichen Dienst im Schnee weiter! Diese Senioren-WM ist eben auch eine Geduldsprobe.
(Autor: Ewald Walker, Quelle: leichtathletik.de, 14.03.04)


Familie Ritte – Unternehmen Stabhochsprung

Während die deutsche Stabhochsprung-Elite bei den großen Meetings auf Höhenjagd geht, schreibt eine Stabhochsprungfamilie von der LAV Bayer Uerdingen/Dormagen immer wieder die kleinen großen Geschichten. Wolfgang Ritte, seine Ehefrau Ute und die beiden Kinder Thomas und Christina stehen für das "Familienunternehmen Stabhochsprung" vom Niederrhein.
Papa Ritte, der im vergangenen Jahr den M50-Weltrekord viermal auf nunmehr 4,72 Meter hinaufschraubte , krönte jetzt in Sindelfingen den Winter der Familie mit dem Hallen-WM-Titel der Senioren. Mit 4,45 Metern dominierte er im Glaspalast die Konkurrenz vor seinen Kollegen Kristjan Gissurarson (Island) und Emile-Jef Dewil (Belgien), die beide 4,20 Meter meisterten.
Angefangen hat alles aber vor inzwischen vierzig Jahren, als Wolfgang Ritte schon im zarten Alter von zehn seine Leidenschaft für die Leichtathletik bei TuB Bocholt entdeckte. Seinen ersten großen Erfolg erzielte er 1971 als Deutscher Jugendmeister und Jugendrekordhalter mit 4,86 Metern. Er trat damals auch gegen Guido Kratschmer im Zehnkampf an.
Im folgenden Jahr besiegte er mit 4,90 Metern als Juniorenmeister in Berlin den später führenden deutschen Stabhochspringer Günter Lohre. Danach wurde es still um die große Hoffnung vom Niederrhein. Sein Vater hatte ihm empfohlen, sich in erster Linie um die berufliche Zukunft zu kümmern.
Nach der gesicherten Anstellung als Beamter im NRW-Verkehrsministerium, Heirat, Hausbau in Moers und dem Familienzuwachs, begann seine zweite Karriere. "Eigentlich war es mein Ziel, den beiden Kindern die Leichtathletik und vor allem die Lust am Stabhochsprung zu vermitteln", erläutert der Familienvater, der die glückliche Hand hatte, eine Lehrerin zu heiraten, die als frühere Rheinhausener Leichtathletin ebenfalls noch einmal von vorne anfing.
Nach einer Steigerung auf die persönliche Bestleistung von 5,11 Metern in den Achtziger Jahren begann eine wahre Sammlung von über 30 Titeln bei Deutschen Seniorenmeisterschaften. „Das Jahr 2003 mit sechs DM-Titeln, zwei davon in der Halle, und drei Hallen-EM-Titeln konnte jetzt nur noch übertroffen werden von Titelgewinnen bei der Hallen-DM und bei der ersten Hallen-WM ", sah der erfolgreichste deutsche Stabsenior seine sportliche Perspektive vor diesem Winter, die er dann tatsächlich mit Titeln in Potsdam (4,63 m) und in Sindelfingen (4,45 m) krönte. Während seine Gattin in Sindelfingen mit 2,80 Metern immerhin W50-Zweite wurde.
Weniger über seine eigenen Erfolge als über die seiner Kinder freut sich der "Oldie". Den "Familienrekord" hat ihm sein Sohn mit der Höhe von 5,25 Metern als 19-jähriger bereits abgenommen. Thomas Ritte, der wegen eines Trainingsunfalls beim Turnen drei Jahre lang kürzer treten musste, hält sich wie sein Vater an den Rat von "Opa Ritte", nicht alles dem Sport unterzuordnen.
In der Verletzungspause forcierte er sein Medizinstudium und schloss sein erstes Staatsexamen mit der Note "Gut" ab. In die beruflichen Fußstapfen der Mutter tritt Tochter Christina, die zur Zeit im Examen als Lehrerin steht. Auch das dürfte den Großvater freuen.
(Autor: Gustav Schröder, fc; Quelle: www-leichtathletik.de, 14.03.04)


Der Staffelstab als Wegzehrung

Manch einer hat seine Meinung über den Seniorensport nach fünf Tagen Hallenweltmeisterschaften revidiert. So war Werner Späth begeistert über die familiäre Atmosphäre und die fairen Wettkämpfe, auch wenn er als "Spülchef" im Verpflegungszelt relativ wenig von den Wettkämpfen mitbekommen hat. Einer seiner "Spülgesellen" war der ehemalige 400m-Läufer Jörg Vaihinger. Der hätte eigentlich noch selbst an der Senioren-WM teilnehmen können. Schließlich sieht man den Maichinger immer wieder durchs Hölzertal joggen.
* * *
Die Australier waren von Sindelfingen begeistert. Einige von ihnen haben hier zum ersten Mal Schnee gesehen. Im Glaspalast war vom Winter nicht viel zu spüren, aber im Floschenstadion machte der Schnee dem Namen "Winterwurfmeisterschaften" im Speer-, Hammer- und Diskuswerfen alle Ehre.
* * *
Eine italienische Sprintstaffel brachte ihren eigenen Staffelstab in Form einer luftgetrockneten Salami mit. Form, Material und Gewicht entsprachen natürlich nicht der Wettkampfordnung, weshalb das Kampfgericht ein Veto einlegte. Kurzerhand wurde die Salami angeschnitten und mit den Kampfrichtern noch vor dem Staffelrennen verspeist.
* * *
Während die Senioren mit Feuereifer ihren Wettkämpfen nachgingen, waren viele Sindelfinger aktive Leichtathleten rund um und im Glaspalast im Einsatz. 400 Meter-Läuferin Katharina Frenzel entpuppte sich dabei als Sprachgenie. Nicht nur in englisch und französisch gab sie den Gästen Auskunft, auch russisch und spanisch beherrscht sie leidlich. "Alles am Gymnasium in Herrenberg gelernt", erklärte die Sulzerin aus dem Gäu.
* * *
Das Lieblingsspielzeug für Arthur Mauch aus Brackenheim ist die Spachtel, auch wenn er kein Maler ist. Im Glaspalast präparierte er die Absprungbalken für den Weitsprung mit der entsprechenden Spachtelmasse. Die Senioren übertraten nämlich was das Zeug hielt. Die Erklärung des Spachtlers Arthur Mauch: "Die Senioren gehen volles Risiko beim Springen".
* * *
1500 Meter-Läufer Klaus Gebauer aus Waldachtal war voll des Lobes über die Organisation im Glaspalast. "Das war absolute Spitze". Weniger zufrieden war er mit den Startgeldern für die Athleten. "Das war einfach zuviel Geld". Dieses war sicher auch ein Grund, dass über die längeren Strecken kein einziger Afrikaner zu sehen war. Die konnten sich die Reise nach Sindelfingen einfach nicht leisten.
* * *
Klar beste Nation bei den Senioren-Weltmeisterschaften waren die Deutschen. Nach dem endgültigen Medaillenspiegel gab es 185 Goldmedaillen, 181 Silbermedaillen und 181 Mal Bronze. Dahinter rangierten Großbritannien mit 43 Goldmedaillen und Italien mit deren 26. Die Exoten aus Chile holten immerhin drei Mal Edelmetall, ebenso wie die Südafrikaner. Peru und Ägypten kamen auf je eine Silbermedaille.
* * *
Erfolgreichste Sportlerin aus dem Kreis wurde die Leonbergerin Gerti Reichert. Sie holte Gold im Einzel über 60 und 200 Meter, sowie Gold in der Staffel über 4x200 Meter in der Altersklasse W65. Bernhard Grißmer aus Sindelfingen wurde - nicht wie gestern gemeldet - 7. über 400 Meter. Er wurde disqualifiziert. Helmut Bernhard aus Weil der Stadt erlief sich keine Bronzemedaille im 200-Meter-Lauf. Er schied im Vorlauf aus. Auch der Sindelfinger Adolf Appel war lediglich mit der drittbesten Weite im Dreisprung angemeldet, konnte aber nicht am Wettbewerb teilnehmen.
(Quelle und mit freundlicher Genehmigung: Sindelfinger Zeitung; 15.03.04)


"Die Stimmung war grandios"

Von Steffen Müller

Die Leichtathletik Senioren-Weltmeisterschaften in Sindelfingen waren eine Mammut-Veranstaltung mit über 2600 Startern und gut 600 Helfern. Am Ende waren alle von der WM begeistert. Die SZ/BZ unterhielt sich mit VfL-Abteilungsleiter Dieter Gauger (Bild: Blow Up/A) über seine Eindrücke.

Wie sieht das Fazit nach der WM aus?
Dieter Gauger: "Die Veranstaltung ist hervorragend gelaufen. Selbst die Amerikaner, die am Anfang etwas skeptisch waren, waren am Ende begeistert."

Würden Sie nochmal so eine Weltmeisterschaft ausrichten?
Dieter Gauger: "Mit Sicherheit nicht gleich morgen. Aber mit unserem jetzigen Wissen wäre es natürlich etwas einfacher."

Haben Sie jemals daran gezweifelt, dass alles so gut läuft?
Dieter Gauger: "Wir hatten natürlich am Anfang schon etwas Respekt. Es gab ja bisher nichts Vergleichbares. Aber es haben alle Helfer toll mitgezogen."

Was für eine Rückmeldung haben Sie vom Weltverband bekommen?
Dieter Gauger: "Wir hatten gestern noch ein Treffen mit den Verantwortlichen der WMA. Präsident Torsten Carlius war begeistert, die Stimmung war grandios. Das sagt doch alles."
(Quelle und mit freundlicher Genehmigung: Sindelfinger Zeitung; 16.03.04)


Stöcke, Steine und etwas Gülle

Von Steffen Müller und Désirée Leiprecht
Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg - und dieser kann manchmal auch ziemlich unangenehm und anstrengend werden. Das durften am vergangenen Samstag zumindest die Teilnehmer des Crosslaufs der Senioren-Weltmeisterschaft feststellen, die über Stock und Stein dem Ziel entgegen laufen mussten.
Doch nicht nur Stock und Stein lagen den Läufern im Weg. Es lag auch ein strenger Geruch in der Luft. "Ein Maichinger Bauer hatte im hinteren Teil der Strecke Gülle ausgebracht", sagt VfL-Abteilungleiter Dieter Gauger, "obwohl er hätte wissen müssen, dass hier die WM stattfindet." Also mussten sich die Organisatoren etwas einfallen lassen. "Wir konnten die Teilnehmer ja nicht durch den Mist laufen lassen, also haben wir die Strecke etwas gekürzt. Vielleicht haben sich einige über die guten Zeiten gewundert aber beim Cross-Lauf kommt es ja auf ein paar Meter nicht an."
Doch dies war nicht die einzige Schwierigkeit bei den Crossläufen. Die unterschiedlichen Geschwindigkeiten der Männer und Frauen im Alter von 35 bis über 80 Jahren. So konnte es schon einmal passieren, dass Läufer wie Brian Keaveney aus Kanada einsam ihre Runden drehten, während die anderen bereits gebührend ihren Sieg bejubelten.
Aber Aufgeben ist bei diesem Rennen ein Fremdwort und zum Glück gab es da noch die eingefleischte Fangemeinde, die, wie bei jeder guten Meisterschaft, den Rand der Cross-Strecke säumte und ihre Favoriten geduldig bis zum Ende mit Stimmgewalt und Kuhglocke Mut zu riefen. Und irgendwo entdeckte man dann auch ein kleines Kanada-Fähnchen - für Brian Keaveney aus Kanada.
Auch machten einige Teilnehmer den Verantwortlichen Sorgen. Völlig erschöpft liefen einige Starter dem Ziel entgegen. Bedenkliche Verletzungen blieben aber aus: "Die Teilnehmer hier draußen haben einen guten Fitness-Zustand", sagt Hans-Jürgen Münster von der Böblinger Kampfrichtervereinigung und fügt hinzu, "falls trotzdem etwas passieren sollte, können wir den Betroffenen mit der Berechtigung des Schiedsrichters aus dem Rennen nehmen".
(Quelle und mit freundlicher Genehmigung: Sindelfinger Zeitung; 13.03.04)


Marianne Neubert aus Franken ist mehrfache Weltmeisterin in den Wurfdisziplinen

Starke Seniorin siegt in Sindelfingen
Von Philipp Gerber

Das ist sie: Marianne Neubert aus Schwebheim bei Schweinfurt, 75 Jahre alt, Rentnerin. Ein Prototyp der netten Omi von Nebenan. Hübsch frisiert ist sie, gutmütig im Auftreten. Durch ihre großen Brillengläser schaut sie freundlich durch die Gegend. Ein Schwätzchen hier, ein Pläuschchen da, als ob sie kein Wässerchen trüben könnte. Dabei hat die Frau es faustdick hinter den goldenen Ringen an ihren Ohren. Marianne Neubert ist mehrfache Welt- und Europameisterin in den leichtathletischen Wurfdisziplinen.
Der Wettkampf der Gewichtwerferinnen läuft zwar noch, aber schon jetzt zeichnet sich ab: Die Fränkin wird bei der ersten WM-Winterwurf-Konkurrenz der Altersklasse W75 den vierten internationalen Titel ihrer Karriere im Senioren-Sport gewinnen. Ihre einzige Rivalin, die Finnen Anna-Lisa Lehtovuori, liegt deutlich zurück. Schon vor dem letzten Versuch winkt die Geschlagene ab und erklärt in perfektem Deutsch: "Lustig war's trotzdem." Dass sie die 9,69 Meter-Bestmarke der rüstigen Dame aus der Bundesrepublik nicht annähernd ankratzen würde können - sie wusste es vorher. Schließlich kennt man sich in der Szene.
"Es ist eine tolle Kameradschaft untereinander", sagt Marianne Neubert. Vor 20 Jahren erst hat sie angefangen, regelmäßig und ambitioniert Sport zu treiben: "Nachdem die Kinder aus dem Haus waren, habe ich mir gesagt: Das kann es doch nicht gewesen sein." Seitdem hat sie ohne Unterbrechung das bayerische und das deutsche Sportabzeichen in Gold gemacht. 1995 betrat sie sich in Buffalo, Amerika, dann die internationale Bühne.
Ein Jahr später wurde sie auf Anhieb Europameisterin, reiste zu Weltspielen nach Südafrika und Australien: "Ich finde es schön, herumzukommen." Ihren Mann hat die Hausfrau ebenfalls immer im Gepäck. Auch in Sindelfingen fühlt sich Marianne Neubert wohl. Auch, wenn sie mit widrigen Witterungsverhältnissen zu kämpfen hat: "Für gute Leistungen ist es ein bisschen zu kalt."
An mangelndem Training zumindest kann es nicht gelegen haben, dass die Spitzenweite ausbleibt: "Der Schwebheimer Bürgermeister hat mir extra einen Wurfring gestiftet, damit ich im Ort die Möglichkeit habe, an meiner Technik zu feilen." Neben Skifahren, Kegeln und Gartenarbeit hält sich Marianne Neubert durch Laufen und Schwimmen fit: "Dazu rauche und trinke ich nicht. Und bei der Ernährung stelle ich mich vor einem Wettkampf entsprechend ein." Im Sommer geht sie zusätzlich zwei bis dreimal die Woche zum Werfen. Die Reaktionen darauf sieht sie positiv: "Wegen meines sportlichen Ehrgeizes werde ich nicht belächelt, sondern eher bewundert." Denn die Erfolge sprechen sich im Handumdrehen herum im beschaulichen Schwebheim.
Auch die Zeitungen berichten über ihre Siege. Sogar im Fernsehen war Marianne Neubert schon. Am 1. April strahlt der Bayerische Rundfunk wieder eine Reportage über die Seniorin aus. Und die hat ihr nächstes Ziel bereits fest im Visier: "Die Europameisterschaften in Dänemark." Wie in Sindelfingen will die 75-Jährige neben Hammer, Diskus, Speer und Kugel auch bei kommenden internationalen Wettkämpfen im Gewichtwerfen wieder ihre 5,45-Kilogramm schwere Kugel an einer kurzen Kette aus dem Wurfkäfig auf die Werferwiesen dieser Welt pfeffern: "Das Reisen ist zwar teilweise recht teuer, aber auch sehr schön."
(Quelle und mit freundlicher Genehmigung: Sindelfinger Zeitung; 15.03.04)

"Länger zu leben ist ein Glück"

Von SZ/BZ-Mitarbeiter Philipp Gerber

Senioren an die Macht Unkundige hätten diesen Eindruck in den vergangenen Tagen bei einem Besuch der Hallenweltmeisterschaften im Sindelfinger Glaspalast gewinnen können. Wie aber steht der Weltverband IAAF zum Sporttreiben der älteren Generation? Die SZ/BZ sprach darüber mit Lamine Diack (Bild: Müller), dem Präsident der IAAF, während seines Besuchs in Sindelfingen.

Welchen Eindruck haben Sie vom Seniorensport?
Lamine Diack: "Ich habe während meiner Zeit als Vize-Präsident schon Veranstaltungen der Veteranen besucht. Die Senioren sind ein wichtiger Bestandteil. Wir sind eine universelle Sportart. Und unabhängig davon, aus welchem Land man kommt."

Verfolgen Sie im Seniorenbereich besondere Ziele?
Lamine Diack: "Wir wollen Menschen unterstützen, Leichtathletik bis ins hohe Alter zu betreiben. Das kann sich positiv auf den Nachwuchsbereich auswirken. In Sindelfingen habe ich einen Opa mit der ganzen Familie gesehen. Das ist toll. Wir wollen vor allem Kinder anstecken, mit dem Virus Leichtathletik infizieren."

Kann der demografische Wandel zum Problem werden?
Lamine Diack: "Das ist eine ganz normale Entwicklung. Länger zu leben ist ein Glück. Und Leidenschaft hat nichts mit dem Alter zu tun."
(Quelle und mit freundlicher Genehmigung: Sindelfinger Zeitung; 15.03.04)


Alte Schweden und fliegende Holländer

Von Hans-Joachim Müller
Ganz aufgedreht war Sindelfingens Silbermedaillengewinner über 60 Meter, Reinhard Michelchen, nach dem Finale. Er konnte es kaum fassen, dass ihm der Sprung auf das Treppchen geglückt ist. Im Vorfeld der Senioren-WM musste er noch wegen Leistenbeschwerden kürzer treten. Nach der Siegerehrung am Freitag packte er sofort seine Sachen und ging noch einmal zur Arbeit. "Da wir Senioren keine Sponsoren haben, muss das sein", meinte der ehemalige Potsdamer Sprinter.
* * *
Helfer und Kampfrichter kamen aus ganz Deutschland. Marco Linke ist ein ausgebildeter Starter aus Tangermünde bei Magdeburg. Da er derzeit arbeitslos ist und er einen Aufruf zur Mitarbeit bei der WM im Internet gelesen hatte, meldete er sich spontan. "Ab August habe ich wieder einen Arbeitsplatz", freute er sich.
* * *
Hochspringer Dr. Peter Heinkele vom VfL Sindelfingen stand mit einer Bestleistung von 2,01 Meter im Programmheft. Wie diese Höhe dort hinein kam, wusste er auch nicht so genau, stammte die Bestleistung doch aus dem Jahr 1985. Trotz eines gerade überstandenen Bänderrisses wollte er unbedingt an der WM teilnehmen. Der Rücken hatte da wohl was dagegen. Die Rückenschmerzen behinderten ihn beim Floppen, es wurde ein Flop. Die Hochsprunglatte fiel bei der Anfangshöhe von 1,66 Meter dreimal.
* * *
Einer der Stars im Glaspalast war zweifelsohne der 85-jährige Italiener Ugo Sansonetti. Das musste auch Starter "Carlo" Ludwig aus Sindelfingen erfahren. Beim Hürdensprint schickte er die Läufer auf die Reise, ohne dass eine Freigabe er Zeitmessung erfolgt war. Für den Italiener gab es folglich keine Zeit. Das brachte den so auf die Palme, dass seine Reaktionen den Zeitplan um eine halbe Stunde durcheinander brachten.
* * *
Viel Diskussionen gab es im Glaspalast um den Seniorensport. Es gibt Befürworter aber auch große Gegner. So gab es tolle und ästhetische Leistungen von vielen Senioren zu sehen. Trotzdem sollten sich die verantwortlichen Funktionäre Gedanken darüber machen, ob bestimmte Disziplinen - wie der Hürdensprint - für die ältesten Jahrgänge aus dem Programm genommen werden sollten.
* * *
Eigentlich wollte der Sindelfinger Stabhochspringer Dietmar Wesp in der Klasse M45 eine Medaille gewinnen. Dafür hatte er kräftig trainiert. Vielleicht zuviel. Schon beim Einspringen erwischte es den Vereinsrekordhalter (5,30) mit einem Achillessehnenabriss. Statt auf dem Treppchen landete er schließlich im Sindelfinger Krankenhaus.
* * *
Nicht viel besser erging es der DLV-Startläuferin in der 4 Mal 200 Meter-Staffel. Christa Stedtler konnte ihren Staffelstab nicht mehr übergeben und stürzte. Dabei erlitt sie einen Kieferbruch. Beiden Athleten wünscht die SZ/BZ gute Besserung.
* * *
Alte Schweden und fliegende Holländerinnen gab es im Glaspalast zu bewundern. Aber auch einen Stabhochspringer aus Peru und Sprinter aus Südafrika und Australien. Selbst ein Geher aus Japan drehte im Glaspalast seine Runden.
(Quelle und mit freundlicher Genehmigung: Sindelfinger Zeitung; 15.03.04)


Bei der Hallen-Leichtathletik-WM der Senioren in Sindelfingen kommen auch Masseure und Ärzte ins Schwitzen

Alter schützt nicht vor Ehrgeiz - im Gegenteil
von Ursula Kaiser

Bei der Hallen-Leichtathletik-WM der Senioren im Sindelfinger Glaspalast laufen nicht nur die Sportler zur Hochform auf. Auch die Masseure und Ärzte kommen ganz schön ins Schwitzen.
Im Massageraum geht es zu wie im Taubenschlag. Davor stehen die Athleten Schlange und geben sich humpelnd und fluchend die Klinke in die Hand. Tür auf, Tür zu, rauf auf die Massagebank, ran an das Elektrogerät. Die beiden DLV-Masseure Norbert Rother und Thorsten Beckemeyer kommen bei den Senioren-Weltmeisterschaften gar nicht nach mit salben, Tape anlegen, Knie verarzten und Schürfwunden verpflastern. 40 bis 50 Athleten im Alter zwischen 35 und 92 Jahren tummeln sich täglich bei den beiden Physiotherapeuten. Jeder hat so seine Wehwehchen. Die Stammkundschaft kommt dreimal täglich. ¸¸Wir versuchen die Leute so herzustellen, dass sie wieder antreten können'', sagt Norbert Rother.
Auch Günter Scherer vom MTV Stuttgart hat es erwischt. Bei der Vorbereitung zum Wettkampf hatte er sich eine leichte Muskelverletzung zugezogen und wollte sich schon abmelden. Aber das Ärtze-Duo hat ihn wieder fit gemacht. Die Verletzung wurde getaped, und der Sprinter konnte über 60 und 200 Meter antreten. Diese Chance wollte er sich nicht entgehen lassen, nur weil der Muskel zwickt. Der Ehrgeiz ist groß bei den Teilnehmern - von einer schnöden Verhärtung lassen sich Leichtathleten nicht abschrecken. Von Schürfwunden erst recht nicht. ¸¸Manchmal muss man den Athleten aber abraten zu starten'', sagt Rother, ¸¸dann weigern wir uns, einen Verband anzulegen''.
Aber meistens lassen sich die Probleme mit Eis lösen. Und richtig gefährliche Verletzungen gab es bei der WM bisher nicht. Zum Beispiel Herz-Kreislaufbeschwerden. Da hört bei den Medizinern der Spaß auf. Auch Hallenarzt Andreas Weidling kennt da kein Pardon. Für den Notfall wäre er allerdings gerüstet - mit zwei Defibrillatoren für Elektroschocks. Weidling hofft jedoch, dass sie nicht zum Einsatz kommen: ¸¸Wenn, dann kommt das eher bei den Langstreckenläufen vor'', glaubt der Arzt und räumt mit einem Vorurteil auf: ¸¸Die Senioren verletzen sich auch nicht öfter als die aktiven Leistungssportler.'' Im Gegenteil: Der Körper sei im Alter anpassungsfähiger, und die Sportler, die hier starten, seien biologisch sehr jung geblieben.
(Quelle und mit freundlicher Genehmigung: Sindelfinger Zeitung; 13.03.04)


 

Gerti Reichert gewinnt bei der Hallen-WM für Senioren im Glaspalast Goldmedaille

Zwiespältige Gefühle vor der Ziellinie

Sie ist da, die erste Goldmedaille bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften der Senioren im Sindelfinger Glaspalast für den Kreis Böblingen. Die Leonbergerin Gerti Reichert sicherte sich gestern Nachmittag das begehrte Edelmetall über 200 Meter in der Altersklasse W65.
16 Uhr, die vier Finalteilnehmerinnen werden aufgerufen, begeben sich in ihre Startblöcke. Auf die Plätze. Fertig. Peng. Gerti Reichert drückt sich ab, nimmt auf Bahn drei Fahrt auf.
Bereits nach der ersten Kurve ist klar, dass sie eine Medaille gewinnen wird, ihre Konkurrentin auf Bahn vier ist eingeholt. Wenig später ist Platz eins gesichert, die 66-Jährige stürmt auf und davon. Am Ende überquert sie die Ziellinie mit mehreren Metern Vorsprung, bleibt stehen, lächelt einen Moment. Überschwängliche Freude sieht anders aus. Dass ihre Zeit von 31,48 Sekunden einen neuen W65-Weltrekord bedeutet? Juckt sie nicht. "Was nicht heißen soll, dass ich nicht ehrgeizig bin. Das bin ich durchaus", verrät sie. "Ich hätte auch unter 31 laufen können. Für mich gibt's trotzdem nur einen Weltrekord und das ist der bei den Aktiven. Alles andere sind für mich höchstens Altersklassen-Bestleistungen."
Die Leonbergerin befindet sich im Zwiespalt, was die Senioren-Leichtathletik betrifft. Auf der einen Seite genießt sie die Wettkampfatmosphäre, will, wenn sie startet auch gewinnen. Betont gerne, dass sie froh darüber ist, schnelle Beine zu haben. Auf der anderen macht sie sich nichts aus ihren Erfolgen. Und ihre gerade gewonnene Goldplakette? "Glauben Sie im Ernst, die guck' ich an? Ich habe zu Hause eine ganze Kiste von dem Kram, der interessiert weder mich, noch meinen Mann, noch meine Kinder. Mich würde mal interessieren, was damit passiert, wenn's mich mal nicht mehr gibt."
Vielmehr interessiert sie sich für die Veranstaltung an sich. Gerti Reichert schaut sich um, lässt ihren Blick am Rande der Bahn stehend rings um die Tribüne huschen. Dann winkt sie, ruft herzlich ein "Hallo" nach oben. "Eine alte Freundin. Mit der bin ich vor 40 Jahren im Klub gelaufen." Dann erklärt die Sprinterin, die sich vor allem mit täglichem Walking in Form bringt: "Wissen Sie, die Atmosphäre hier, viele Bekannte zu treffen, das ist doch das eigentlich Wichtige. Das macht mir Spaß."
Wie lange noch? "Och, unter Umständen kann es passieren, dass ich dieses Jahr noch aufhöre. Ich habe zwei, bald drei Enkel in München, die ich auch oft besuchen will. Und wenn mir für Sportfeste zu viel Zeit verloren geht, die ich lieber mit der Familie verbringen würde, dann lasse ich's bleiben." .(Quelle und mit freundlicher Genehmigung: KREISZEITUNG Böblinger Bote, 12.03.04)


Guido Müller auch in Sindelfingen nicht zu bremsen

Der 65-jährige Guido Müller war am Donnerstag auch bei den Hallen-Weltmeisterschaften der Senioren im Sindelfinger Glaspalast nicht zu bremsen. In der Klasse M65 flitzte er über 200 Meter in 26,05 Sekunden zum Sieg, der Italiener Tristano Tamaro (26,97 sec) folgte im A-Finale mit Abstand.
Der Athlet vom TSV Vaterstetten ist damit endgültig einer der herausragenden Seniorensportler dieses Winters, denn bereits im Februar hatte er für Furore gesorgt.
Über 200 und 400 Meter stellte er beim Senioren-Hallensportfest des LAC Quelle Fürth neue Altersklassen-Weltrekorde auf. Damit er dort etwas Konkurrenz hatte, startete er auf beiden Strecken mit den Läufern der M50 und sah dabei noch richtig gut aus. Bei einer 400-Meter-Zeit von 56,63 Sekunden fiel es auch den 15 Jahre jüngeren Athleten schwer, vor ihm einzulaufen. Die 200-Meter-Marke, die Guido Müller damals knapp zwei Stunden nach den 400-Meter-Rennen aufstellte, war fast noch besser. Auf 25,60 Sekunden schraubte er die Weltbestzeit.
Da war es keine Frage, dass sich Guido Müller auch Ende Februar bei den Deutschen Senioren-Hallen-Meisterschaften in Potsdam über 200 und 400 Meter in 25,87 bzw. 58,24 Sekunden klar durchsetzte. Und auch auf den 60 Metern war er der Schnellste (8,08 sec).
In Sindelfingen hat sich nun in dieser Woche gezeigt, dass er auch bei einer Hallen-WM niemanden fürchten muss. Die Titelkämpfe bieten bei ihrer Erstaustragung in diesen Tagen in Sindelfingen ein großartiges Stelldichein der Seniorensportler.
(Quelle: www.leichtathletik.de;13.03.04)


Panierte Schnitzel für müde Athleten

Von Steffen Müller

Die 1. Leichtathletik-Weltmeisterschaften der Senioren sind in vollem Gange. Nach dem Wintereinbruch in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag haben auch die Winterwurf-Wettbewerbe im Floschenstadion ihrem Namen alle Ehre gemacht. Im Glaspalast sprinten, springen und laufen die Teilnehmer indes unbeeindruckt vom wenig frühlingshaften Wetter.
* * *
Im Catering-Zelt sorgen Rose Späth und Koch Erich Wolf  für das Wohl der Athleten. Auch wenn die WM-Teilnehmer aus aller Herren Länder kommen. Die Essgewohnheiten sind wenig sensationell: "Wie immer", sagt Erich Wolf, der ehemalige Chef der Schönbuch-Zentralküche und IHS erprobter Helfer von Herbert Bohr, "am besten laufen die panierten Schnitzel." Aber auch die Pizza erfreut sich großer Beliebtheit.
* * *
Auch wenn die WM in Sindelfingen ein Seniorenwettkampf ist, nimmt das gegenseitige Kennenlernen der Athleten einen großen Stellenwert ein. Drei italienische Sportler wollten eine attraktive Athletin vor dem Glaspalast nicht unangesprochen ziehen lassen. Nach Kontaktversuchen auf italienisch, französisch und deutsch landeten sie mit englisch schließlich einen Volltreffer. Die Dame kam aus Ontario in Kanada und das Gespräch war eröffnet.
(Quelle und mit freundlicher Genehmigung: Sindelfinger Zeitung; 11.03.04)


Schweißtreibende Schneeschaufelei

Dem Favoriten Bill Collins aus den USA „eins reinbrennen“ war das Ziel des Sindelfinger Reinhard Michelchen (*1953, VfL Sindelfingen) im 200m-Halbfinale. Doch dann staunte der VfL-Athlet nicht schlecht, als er schon nach 40m allein vorn war. Bill Collins, Weltrekordhalter und mit seiner Bestzeit von 22,99 Sekunden Favorit, musste mit einer Oberschenkelzerrung vorzeitig aufgeben. Michelchen gewann in 24,90. Die sechsbeste Zeit insgesamt. Für das B-Finale meldete sich der 50jährige trotzdem ab. „Ich konzentriere mich auf die 60 Meter“, so Reinhard Michelchen. Die werden am heutigen Freitag gelaufen und da gilt der trittschnelle Senior des VfL Sindelfingen als Mitfavorit.
***
Das erinnerte an Sprint-Olympiasieger Linford Christie. Kaum im 200m-Meter-Ziel streifte sich der Niederländer Eric Roeske den einteiligen Sprintdress vom muskulösen Oberkörper. Mit 22,89 Sekunden war er der schnellste aller Halbfinalisten bei den M40 und der einzige unter 23 Sekunden. Ob dazu auch die windschnittige Glatze beigetragen hat, die er sich extra für seinen WM-Einsatz rasiert hat ?
***
Gestern machten die Winterwürfe im Floschenstadion ihrem Namen alle Ehre. Rund 10 Zentimeter Neuschnee hatten das Stadionrund über Nacht in eine weiße Pracht verwandelt. Am Morgen gerieten dann vor den Sportlerinnen und Sportlern, bei denen Diskus-, Hammer- und Speerwerfen auf dem Programm standen, zuerst die Helfer und Kampfrichter ins Schwitzen. Die Wurfringe waren zwar abgedeckt, doch die Wurfsektoren mussten in fast einstündiger Schaufelarbeit vom Schnee befreit werden. Eine rekordverdächtige Leistung. „Sonst wären die Wurfgeräte im Schnee verschwunden, und wir hätten sie nicht mehr wieder gefunden“, so ein Verantwortlicher.
***
Kaum Fehlstarts gab es bei den Läufen im Sindelfinger Glaspalast. Nur zwei Mal mussten die Starter am ersten Tag die Teilnehmer auf der Rundbahn zurückschießen, auch gestern waren Frühstarts die absolute Ausnahme. „Die Athleten haben alle viel Erfahrung und wir Starter auch“, begründete Starter-Obmann Karlheinz Ludwig den reibungslosen Ablauf.
***
Zweiter WM-Tag und zweiter Wettkamp auch für den VfL-Senior Bernhard Grißmer. 800m und damit vier Mal so lang wie am Vortag war die zurückzulegende Distanz. Der Sieger der vier Vorläufe und weitere vier Zeitschnellste qualifizierten sich fürs heutige Finale. Mit 2:10,87 Minuten legte der Sindelfinger im ersten Lauf die zweitschnellste Zeit vor. Jetzt hieß es warten auf die anderen Ergebnisse. Bis Lauf drei stand die Ampel für die Endlaufteilnahme auf grün, doch in der abschließenden Vorentscheidung unterboten gleich drei Teilnehmer Grißmers Marke. Für den Lokalmatador blieb am Ende Platz zehn. Die Enttäuschung war schnell verdaut. Schließlich gewann Ehefrau Angelika (*1961, LG Necker-Enz) wenige Stunden später die Silbermedaille über 200 Meter . Und außerdem konzentriert sich der unverwüstliche VfL-Senior schon wieder auf die nächste Disziplin. Den 400m-Lsuf am Samstagnachmittag.

(Quelle und mit freundlicher Genehmigung: KREISZEITUNG Böblinger Bote, 12.03.04)


Über 3000 Meter siegt mit Markus Pingpank ein ehemaliges deutsches Langstrecken-Ass / Werner Hasler landet auf Rang 14
Altinternationaler läuft allen davon
Von Philipp Gerber

Sicher tummeln sich bei der Hallenweltmeisterschaft der Senioren in Sindelfingen einige Damen und Herren, die während ihrer aktiven Leichtathletik-Karriere weder zu nationalen noch internationalen Ehren gekommen sind und nun, in fortgeschrittenem Alter, beim ehrgeizigen Kampf um die 23 Jahrgangswertungen in den verschiedenen Disziplinen ihre Stunde des Sieges schlagen sehen - mit metallischem Glänzen in den Augen.
Sicher nehmen einige der Teilnehmer aus 57 Nationen die WM als persönliches Erlebnis mit, wie sie es nach ihrem späten Einstieg in die Leichtathletik schon so oft bei Großereignissen auf der ganzen Welt gemacht haben. Man trifft Gleichgesinnte, bereist fremde Länder, sieht die Wettkämpfe vielleicht als eine Art Aktiv-Urlaub. "Es ist eine sozial- und ebenso sportpolitische Veranstaltung", findet Dagmar Freitag, die Vizepräsidentin des Deutschen Leichtathletikverbandes: "Wir legen auf diese Altersgruppe daher ein besonderes Augenmerk."
Und ganz sicher gehört Markus Pingpank zu keiner Kategorie der aufgezählten Senioren-Sportler. "Ich habe lange überlegt, ob die WM das Richtige für mich ist", sagt der Niedersachse: "Mein erster Eindruck in der Halle war, dass ich hier nichts zu suchen habe." Im Gegensatz zu vielen Startern war Pingpank schon immer ein echtes Leichtathletik-Ass. 1986 und 1993 lief er bei den Deutschen Hallenmeisterschaften in Sindelfingen über 3000 Meter jeweils auf den zweiten Platz. "Irgendwann war ich dann auch mal Deutscher Meister auf der 5000 Meter-Strecke
Was jetzt zunächst zählt ist der Titel. In 8:49,81 Minuten lief Pingpank die 3000 Meter fast zwölf Sekunden schneller als der Niederländer Jan Willemse und wurde damit Weltmeister in der Altersklasse M40. Pingpank: "Die Zeit ist aber nicht so wichtig. Der Sieg freut mich." Unterwegs haben sich die Konkurrenten im zweiten Zeitendlauf ohnehin lange, darum gestritten, wer die Führungsarbeit leisten soll. Ein klassisches Meisterschaftsrennen also. "Eine Zeit unter 8:30 Minuten ist nach meinen Ergebnissen im Sommer schon noch drin", sagt der Barsinghausener, "das ist zwar gut, aber die Jugendlichen in meinem Verein holen mich langsam ein." Es ist sehr gut.
Obwohl der Alt-Nationale mit seinen sechs Einsätzen im Adlertrikot während der erfolgreichen Zeit im vergangenen Jahrhundert viel erlebt hat, trainiert er auch heute jeden Tag. Vergangene Saison hat der 40 - Jährige es immerhin auf Zeiten von 30:44 Minuten über 10 000 Meter und 14:41 Minuten über 5000 Meter gebracht. "Um im Training weiter am Ball zu bleiben, brauche ich realistische Ziele", so Pingpank. Das können zum einen Deutsche AK-Rekorde sein. Oder eben Erfolge bei Altersklassenveranstaltungen sein. Da kam die Senioren-WM genau richtig. Auch bei der Europameisterschaft im Sommer in Dänemark will das Langstrecken-Ass an den Start gehen ("für mich genauso weit weg wie Sindelfingen").
Das ist es, was Pingpank mit vielen deutschen Teilnehmern in Sindelfingen verbindet. 1216 Athleten kommen aus dem Gebiet der Bundesrepublik, allein 209 aus Württemberg. Attraktiv ist die kurze Anfahrt, das sportliche Angebot - auch wenn die Senioren alles selbst zahlen müssen. Sogar verpflichtet sind, bei den Rennen offizielle und zu erwerbende DLV-Trikots zu tragen.
So eins hat sich auch Werner Hasler aus Holzgerlingen zugelegt. In 9:24,61 Minuten gewann der nicht nur den zweiten Zeitlauf über 3000 Meter, sondern sicherte sich zusätzlich den 14. Gesamtplatz der Klasse M40. "Die Unterstützung im Glaspalast war genial", freute sich der Ausdauer-Crack. Obwohl "die Halle mir nicht liegt und die Strecke zu kurz war", hat ihm die Teilnahme Spaß gemacht. Im Gegensatz zu Pingpank, der wieder gen Norden abgereist ist, um baldigst wieder bei der Familie zu sein, will Hasler morgen noch beim Acht-Kilometer-Crosslauf der WM an den Start gehen.
 (Quelle und mit freundlicher Genehmigung: Sindelfinger Zeitung; 11.03.04)


2639 Teilnehmer bei Senioren-WM in Sindelfingen - Leistungsgedanke rückt in den Hintergrund

92 Jahre - und kein bisschen müde

Von Ursula Kaiser
Lamine Diack zeigte sich schwer beeindruckt. Der Präsident des Leichtathletik-Weltverbandes (IAAF) tummelte sich am ersten Tag der 1. World Masters Athletics zwischen den 2639 Teilnehmern. Seit gestern messen sich die Athleten bei der Senioren-Hallen-WM in Sindelfingen.
Vor allem die hohe Teilnehmerzahl hatte es Diack angetan. Aus einem ganz einfachen Grund: ¸¸Die Senioren sind ein wichtiger Teil der Leichtathletikfamilie. Leichtathletik ist ein Sport für die Kleinen und die ganz Großen.'' Damit meinte er nicht zwingend den sportlichen Wert. Der Präsident verfolgt andere Ziele: ¸¸Wenn der Großvater läuft, springt oder wirft, soll er seine Enkelkinder damit anstecken und die Begeisterung für die Leichtathletik weitergeben.''
Der Leistungsgedanke steht auch in Sindelfingen nicht im Vordergrund. Anmelden konnte sich jeder, Normen mussten keine erfüllt werden. Eine gut gefüllte Geldbörse sollte man jedoch haben. Denn im Gegensatz zu den Aktiven, die bei der Hallen-WM in Budapest für ihre Titel immerhin 40 000 Dollar kassierten, müssen die Senioren selbst in die Tasche greifen. Vom Trainingsanzug über das Trikot bis zur Gebühr müssen die Damen und Herren zwischen 35 und 92 Jahren alles selbst bezahlen.
Den ältesten Teilnehmer, der rüstige 92-jährige Vittorio Colo aus Italien, scheint dies nicht zu stören. Er hat gleich für sechs Disziplinen gemeldet. Wenn schon, denn schon. ¸¸Die Finanzen sind ein Problem, aber für die Athleten steckt mehr dahinter als nur Rekorde. Die Leute freuen sich einfach, dass sie antreten können, und sehen so eine Meisterschaft auch als Kommunikationsforum'', sagt Dieter Massin, Vizepräsident im Deutschen Leichtathletikverband (DLV) und für Beitensport zuständig: ¸¸Die Menschen werden immer älter. Das erfordert auch sportpolitisches Umdenken.''
Allerdings gibt es auch hier extrem ehrgeizige Athleten. Vittorio Colas Landsmann Ugo Sansonetti hat über 200 Meter in der Klasse M85 gleich einen Weltrekord aufgestellt, der allerdings im allgemeinen Trubel fast unterging. Auch der Sindelfinger Bernhard Grißmer nimmt seinen Sport ziemlich ernst. Der 48-Jährige trainiert acht- bis zehnmal pro Woche. Er hat sich bereits für das 200-Meter-Halbfinale qualifiziert. Zusätzlich überlegt er noch, über 400 und 800 Meter anzutreten. Vor allem die 800 Meter haben es ihm angetan: ¸¸Da will ich die 2:04 Minuten von Simone Beutelspacher vom VfL Sindelfingen packen.'' So hat bei dieser WM jeder seine eigene Motivation.
(Quelle und mit freundlicher Genehmigung: Sindelfinger Zeitung; 11.03.04)


Der Auftakt macht Lust auf mehr

Von Steffen Müller
Über 2600 Sportler aus 57 Nationen kämpfen seit gestern um den Leichtathletik-Weltmeister-Titel der Senioren. Um 17.40 Uhr erklärte Sindelfingens Oberbürgermeister Dr. Bernd Vöhringer die 1. Senioren-Weltmeisterschaften für eröffnet. Die Stimmung in der Halle war prächtig, als der Sindelfinger Nachwuchs die Fahnen der Teilnehmerländer in die Halle trug. Sindelfinger Jugendblasorchester und Percussion-Ensemble der Schule für Musik, Theater und Tanz sorgten ebenso für eine ansprechende Atmosphäre wie die Tanzgruppe des VfL Sindelfingen.
* * *
Torsten Carlius, der Präsident der WMA, war begeistert vom ersten Tag der WM: "Es ist ein riesen Erfolg eine solche Veranstaltung innerhalb von nur acht Monaten auf die Beine zu stellen. Die Zahl der Teilnehmer ist mehr als beachtlich", und als besonderes Kompliment für die Gastgeber: "Eine bessere Stadt als Sindelfingen könnten wir uns für diese Meisterschaften nicht vorstellen."
* * *
Über 600 Helfer sorgen für für die perfekte Organisation der Weltmeisterschaft. Bisher lief alles rund. Ob bei der Verpflegung, oder der Wettkampfaufsicht, beim Shuttle-Service oder der Unterbringung der Athleten. Sollte es doch einmal Probleme geben, beantwortet die Technische Information offene Fragen. "Wir helfen unbürokratisch in jeder Sprache", sagt Dieter Göring, der den Stand mitbetreut. Kurios war die Frage eines britischen Teilnehmers, der wissen wollte, ob er im Fall eines Feueralarms seinen Lauf beenden müsse, oder ob er ins Ziel laufen solle.
* * *
Das Catering-Zelt vor dem Glaspalast läuft unter der Regie von Herbert Bohr. Der IHS-Macher hat sich ein kompetentes Team besorgt. Erich Wolf, der ehemalige Geschäftsführer der Schönbuch-Zentralküche, und Rose Späth sorgen mit ihrem Team für die Versorgung der hungrigen Sportler.
* * *
Durchweg positiv waren die ersten Eindrücke von der Weltmeisterschaft: "Die internationale Atmosphäre ist in der ganzen Stadt zu spüren", sagte Sport-und Bäderamtsleiter Dr. Joachim Wolf. WLV-Präsident Karl-Heinrich Lebherz bedankte sich bei den vielen Helfern und sagte: "Sindelfingen ist bekannt dafür, solche Großveranstaltungen professionell ausrichten zu können." Selbst der als eher reserviert geltende Chef des Welt-Leichtathletik-Verbandes, Lamine Diack, machte eine zufriedenen Eindruck.
* * *
Hans Drexler, der Vorsitzende des Sportkreises Böblingen war ebenfalls begeistert: "Das ist ein großartiges Ereignis für die Region. So etwas gibt es nicht alle Tage." Ohnehin möchte Drexler wieder nach vorne schauen: "Olympia 2012 in Stuttgart ist abgehakt aber es wird in Zukunft noch viele tolle Sportveranstaltungen geben. Besonders gefällt mir hier die Freundschaft und Kameradschaft, die man überall spürt.
(Quelle und mit freundlicher Genehmigung: Sindelfinger Zeitung; 11.03.04)



Geburtstag mit 3000 Gästen

Von Steffen Müller
Während die meisten ihren 50. Geburtstag mit der Familie und Freunden ausgiebig feiern, verbrachte Dieter Locher, VfL-Urgestein und Vizepräsident des Württembergischen Leichtathletik-Verbandes (WLV) seinen Geburtstag im Glaspalast. Die SZ/BZ unterhielt sich mit dem Leichtathletik-Funktionär Dieter Locher (Bild: Blow Up) über seinen Geburtstag und die Senioren-WM im Glaspalast.

Wären Sie an Ihrem Geburtstag nicht lieber woanders gewesen?
Dieter Locher: "Nein, warum? Wer kann seinen Geburtstag schon in so einem großen Raum mit so vielen Menschen feiern, von denen einem viele auch noch sehr herzlich gratulieren."

Mussten Sie sich an Ihrem 50. schon ärgern oder lief bisher alles reibungslos?
Dieter Locher: "Die erste Stunde war recht anstrengend aber bisher lief alles völlig problemlos. Natürlich auch dank der vielen Helfer, die teilweise nur am Rande mit der Leichtathletik zu tun haben. Es freut mich unheimlich, dass so viele Menschen uns unterstützen."

Was war für Sie der bisherige WM-Höhepunkt?
Dieter Locher: "Ganz klar der 200-Meter-Endlauf der über 80-Jährigen. Ein Athlet kam zu spät zum Start. Wir ließen ihn danach separat starten und er zog unter dem Jubel des Publikums seine Runden. Er wurde zwar nicht gewertet aber das war beeindruckend."
(Quelle und mit freundlicher Genehmigung: Sindelfinger Zeitung; 10.03.04)


Der 85-jährige Italiener Ugo Sansonetti:

Ein Weltmeister im Weitsprung

Von Philipp Gerber

Ugo Sansonetti bläst die Backen auf, sieht die Anlaufspur für eine Sekunde so scharf an, als wollte er sie mit seinen funkelnden Augen zerschneiden. Dann rennt er los, trifft den Balken, springt ab und segelt durch die Luft. In einer eigenwilligen Kurve fliegt der Italiener auf die Sandgrube zu. Er hängt ziemlich schräg in der Luft: Technik Marke Eigenbau, optimal ans körperliche Alter angepasst. Sansonetti landet hart, fängt den Sturz aber mit einer zweifachen Rolle ab. Als Schwalbenkönig könnte er Andreas Möller Konkurrenz machen. Es folgen Sekunden gespannter Erwartung.
Bis auf der Anzeige die Weite eingeblendet wird. 3,40 Meter. Sansonetti lacht und winkt ob der Weite verächtlich ab. Er streift sich den Sand von seinen Beinen und läuft locker zurück zur Bank. Der 85-Jährige ist soeben Weitsprung-Weltmeister seiner Altersklasse geworden. "Nicht weitersagen, aber ich war besser als alle anderen", sagt er und grinst. "Dabei ist meine Spezialdisziplin eigentlich der 200-Meter-Lauf." In 34,42 Sekunden hat er sich am Mittag auch dort die Goldmedaille seiner Wertung geschnappt. Sansonetti spurtete die Runde im Glaspalast ganze 14 Sekunden schneller als der zweitplatzierte Deutsche Dr. Hans Wefelscheid: "Das war Weltrekord. Und der Sieg im Weitsprung ist auch toll, schließlich habe ich das vorher gar nicht geübt." Trainieren geht der Rentner dreimal die Woche. Aber nur die Sprint-Strecken.
Erst lange nachdem Ugo Sansonetti in Ruhestand gegangen war, entdeckte er sein leichtathletisches Talent: "Ich bin damals 73 geworden und musste wegen der kaputten Schulter mit Tennis aufhören." Also sattelte der umtriebige Rentner um. Und hat nach wie vor einen vollen Terminkalender. Freizeitstress nennt man das wohl. Langweilig zumindest, beteuert der Süditaliener aus Mottola, "wird mir nie." Bücher schreiben, Windsurfen vor Sardinien - irgendwas findet sich immer.
Das war auch früher so. Als Entwicklungshelfer hat der 85-Jährige in Costa Rica gearbeitet, ging danach in die Nahrungsmittelindustrie: "Ich kann ihnen jetzt nicht sagen, bei welcher Firma. Aber manche Leute nennen mich auch den Vater der Tiefkühlkost." Der Großvater hat unter anderem lange Jahre eine Fabrik geleitet, hart gearbeitet. Trotzdem will und wollte er immer aktiv bleiben. "Ich fühle mich einfach jung", sagt Sansonetti, "meine gute Konstitution ist ein Geschenk. Gott hat mir die Kraft gegeben."
(Quelle und mit freundlicher Genehmigung: Sindelfinger Zeitung; 10.03.04)


IAAF-Präsident Diack: „Sport für alle Generationen“

Lamine Diack, der Präsident des Leichtathletik-Weltverbandes IAAF, reihte den Besuch einer Weltmeisterschaft an den anderen und kam direkt von der Hallen-WM aus Budapest nach Sindelfingen zur ersten Senioren-Hallen-WM.Eine Woche später ist dann die Cross-WM in Brüssel an der Reihe und am ersten Mai-Wochenende kommt er noch einmal nach Deutschland zum Geher-Weltcup in Naumburg.
Auf einer gut besuchten Pressekonferenz in Sindelfingen wurde der IAAF-Präsident von den Repräsentanten der Welt-Senioren-Leichtathletik herzlich begrüßt. Die rund 2600 Teilnehmer an den ersten „World Masters“ unter dem Hallendach betrachten seinen mehrtägigen Besuch bei ihren Titelkämpfen als Zeichen der Wertschätzung ihres Teilbereichs der Leichtathletik.
Lamine Diack machte dann auch deutlich, dass nicht nur er persönlich, sondern auch die IAAF-Führung den Senioren-Wettkampfsport als wichtigen Teil der „Universalsportart“ Leichtathletik betrachtet. „Ziel muss es sein, dass die Leichtathletik alle umfasst – vom Kind bis zum Senior.“
„Es wäre doch wunderbar, wenn einerseits die Kinder ihre Eltern und Großeltern zum aktiven Sporttreiben animieren und auch anders herum die Älteren die Jüngeren“, sagte der Senegalese. „Gerade in Europa und Nordamerika wird der Durchschnitt der Bevölkerung immer älter und damit das Potential für den Seniorensport größer. Bei uns in Afrika ist es noch anders, da wird die Bevölkerung immer jünger.“
Torsten Carlius, der Präsident des Weltverbandes der Senioren-Leichtathleten WMA, begründete in seiner Stellungnahme die Schaffung von Senioren-Weltmeisterschaften auch in der Halle mit dem gestiegenen Interesse in vielen Nationen. Die hohe Zahl an Meldungen für Sindelfingen zeige, dass der eingeschlagene Weg richtig ist.
Eine Frage, die bald geklärt werden muss, ist die Einbeziehung der Männer-Klasse M35, die zwischen WMA und IAAF noch kontrovers diskutiert wird. Der erste Besuch eines IAAF-Präsidenten bei Senioren-Weltmeisterschaften verschaffe Lamine Diack einen umfassenden Einblick in die Themen und Schwerpunkte der „Masters“-Bewegung.
DLV-Vizepräsidentin Dagmar Freitag lobte wie ihre Vorredner das Organisationstalent der örtlichen Ausrichter vom LV Württemberg und VfL Sindelfingen, die innerhalb von nur acht Monaten eine internationale Großveranstaltung, bei der 600 freiwillige Helfer im Einsatz sind, auf die Beine gestellt hatten.
Viele der „Volunteers“ sind an fünf Tagen von morgens um sieben bis abends um elf im Glaspalast. Diese Begeisterung zeige auch der IAAF die Bereitschaft der deutschen Leichtathleten, Großveranstaltungen vorbildlich durchzuführen – ein deutlicher Hinweis auf die DLV-Bewerbung mit Berlin um die WM 2009.
(Autor: Eberhard Vollmer; www.leichtathletik.de, 10.03.04)


Auch für Diack heute auf Zack

2635 - So hoch ist die Zahl der gemeldeten Teilnehmer für die heute im Sindelfinger Glaspalast beginnenden ersten Leichtathletik-Hallenweltmeisterschaften der Senioren.
Ob tatsächlich so viele Sportler an den Start gehen werden? Wohl kaum. Einige werden kurzfristig wegen Verletzungen passen müssen. Andere würden zwar gerne erscheinen, dürfen jedoch nicht. Beispielsweise wurde den zwölf Leichtathleten aus Kamerun wegen fehlenden Visums die Einreise nach Deutschland verweigert. Womit sich auch die Zahl der teilnehmenden Nationen von 57 auf 56 verringert.
Sei's drum, es wird auch so ein buntes Sportfest. Garantiert. Und hohen Besuch gibt's ebenso sicher. Bereits am Eröffnungstag wird sich der Präsident des Leichtathletik-Weltverbands (IAAF), Lamine Diack, selbst ein Bild von den Meisterschaften machen. Heute um 12.30 Uhr darf er sich im Hotel Knote ins Goldene Buch der Stadt Sindelfingen eintragen, um 15 Uhr gibt er im VfL-Vereinsheim eine Pressekonferenz, um anschließend um 17 Uhr die Titelkämpfe feierlich und offiziell für eröffnet zu erklären.
Übrigens: Wer die Weltmeisterschaften der Senioren etwas abschätzig belächelt, sollte vorbeischauen und sich eines Besseren belehren lassen. So gibt es im Glaspalast beispielsweise 60-Jährige zu bewundern, die 10 000 Meter unter 35 Minuten laufen und genügend Teilnehmer, die an die 200 Kilometer pro Woche trainieren.(
Quelle und mit freundlicher Genehmigung: KREISZEITUNG Böblinger Bote, 10.03.04)


Die Senioren-WM im Glaspalast fordert die Organisatoren des VfL Sindelfingen

Mit müden Augen Durchblick bewahren

Die Hallenweltmeisterschaften der Leichtathletik-Senioren gehen an die Substanz. Bereits jetzt. Heute um 8.30 Uhr beginnt die muntere Medaillenjagd im Glaspalast. Und wird von Dieter Gauger bis Sonntag mit müden Augen verfolgt.
Der Abteilungsleiter des VfL Sindelfingen hat in den vergangenen acht Monaten unzählige Arbeitsstunden investiert, um die Veranstaltung auf die Beine zu stellen. Am Anfang war die Idee. Zum ersten Mal suchte der Leichtathletik-Weltverband nach einem Austragungsort für Senioren-Hallenweltmeisterschaften. Und der VfL Sindelfingen schickte seine Bewerbung los. Im festen Glauben, die Aufgabe mit der Erfahrung als Ausrichter vieler nationaler Meisterschaften und internationaler Hallensportfeste locker bewältigen zu können.
Inzwischen ist die Lockerheit längst gewichen, zu groß ist vor den Titelkämpfen die Anspannung ob der zahlreichen organisatorischen Erwartungen, die es zu erfüllen gilt. "Mit den vielen Dingen, die da auf uns hereingeprasselt sind, haben wir nicht gerechnet", gibt Dieter Gauger zu, und lugt mit verschlafenen Augen durch seine Brillengläser. "Der Aufwand, den wir hier betreiben müssen, ist mit keiner Veranstaltung, die wir bisher durchgeführt haben, auch nur annähernd zu vergleichen."
Der Chef der Sindelfinger Leichtathleten steht mitten im Glaspalast, in der einen Hand eine Liste, prall gefüllt mit Aufgaben, die es zu erledigen gilt, in der anderen einen Kuli. In diesen Tagen einer seiner besten Freunde, ihn setzt er ein, um abzuhaken. Donnerstagabend spielten hier noch die Bundesliga-Basketballer der EnBW Ludwigsburg, Freitagmorgen machte er sich zusammen mit einer treuen Helferschar rüstiger Rentner an die Arbeit, um aus der Halle einen weltmeisterschafts-würdigen Wettkampftempel für die Senioren aus aller Herren Länder aufzubauen. "Selbst dabei sind wir auf Schwierigkeiten gestoßen, mit denen wir bisher, trotz aller Routine, die wir besitzen, nicht gekannt hatten", erklärt Gauger vier Tage später. Beispiele? "Oh je, die gibt's zu Genüge." Da wäre die Beschaffung einer zweiten Kugelstoßanlage. Weil im Glaspalast nur eine zu finden ist, fragten die Sindelfinger in Karlsruhe an, ob sie sich dort eine ausleihen dürften. Sie erhielten grünes Licht, mussten diese am Samstag selbst aus dem Badischen herbeikarren. Ein weiteres Hindernis war die Beschaffung von Hürden mit der Höhe von 76 Zentimetern für die ältesten Starterinnen. "Wir haben schließlich eigene genommen und abgesägt. Hinzu kamen etliche andere Unwägbarkeiten, mal ganz abgesehen vom enormen logistischen Aufwand. Viel geschlafen haben wir zuletzt nicht, sinnvoller wär's gewesen, wir hätten uns hier ein Bett aufgestellt."
Auf der Gegengeraden haben sich die Aufbauhelfer versammelt, Gauger stapft rüber, zückt seinen Kuli. Alles erledigt. Draußen stehen die Zelte, drinnen sind die letzte Matte befestigt, das letzte Werbebanner aufgehängt, alles ist schmuck. Was fehlt, sind Bier und Brezeln, Mittagszeit. "Ohne meine Rentner wäre ich verloren", sagt der Hauptorganisator anerkennend und macht sich auf den Weg, um Proviant zu besorgen. "Nachher müssen wir nur noch einteilen, wer während der Wettkampftage wann und wo eingesetzt werden kann."
Am Ende haben Dieter Gauger und sein Team alles getan, um die WM zu einem Erfolg werden zu lassen. Die kommenden fünf Tage sollen ein Fest werden, Müdigkeit hin, Anspannung her.
(Quelle und mit freundlicher Genehmigung: KREISZEITUNG Böblinger Bote, 10.03.04)


Stadt Sindelfingen zahlt ein Zwölftel

Sindelfingen - Die Leichtathletik-Hallenweltmeisterschaft der Senioren ist die größte Sportveranstaltung, die jemals in Sindelfingen stattgefunden hat.
Das Ereignis, von dem sich die Stadt internationales Renommee erhofft, hat ein Budget von 240 000 Euro. "Der Finanzrahmen ist im Laufe der Vorbereitung immer größer geworden", eröffnete der stellvertretende Sportamtsleiter Thomas Jeggle den Mitgliedern des Sportausschusses des Gemeinderats. Doch den Vertretern der Stadt kann das egal sein: Sie hatten den kommunalen Beitrag zur WM auf 20 000 Euro festgesetzt. Über die Hälfte davon besteht aus einem Mietkostenzuschuss für den Glaspalast. Darüber hinaus steckt die Stadt Geld in einen Empfang der Teilnehmer gemeinsam mit dem Land und sie finanziert kleinere Dinge an den Sportstätten.
(Quelle und mit freundlicher Genehmigung: KREISZEITUNG Böblinger Bote, 10.03.04)


Sindelfinger Glaspalast ist gern gewählte Wettkampfstätte - Heimat vieler Events

Weltmeisterschaften sind ein weiterer Wurf

Sindelfingen - Routine hilft Ruhe bewahren. Wenn im Sindelfinger Glaspalast heute der erste Startschuss zu den Leichtathletik-Hallenweltmeisterschaften der Senioren fällt, so ist dieser leichtathletisch gesehen wahrlich keine Premiere.
Der gastgebende Verein VfL Sindelfingen und insbesondere der Veranstaltungsort blicken auf mehr als ein stolzes Vierteljahrhundert hochkarätiger nationaler und internationaler Leichtathletik-Wettbewerbe zurück.
Die Einweihung des Glaspalasts erfolgte 1977 mit der einer deutschen Leichtathletik-Hallenmeisterschaft. Auch ein internationales Sportfest, Vorläufer des späteren IHS, ließ nicht lange auf sich warten. Bisheriger leichtathletischer Höhepunkt waren jedoch drei Jahre später die Hallen-Europameisterschaften. Dabei gab es im 1500-Meter-Finale der Männer durch den deutschen Sieger Thomas Wessinghage sogar einen Hallen-Weltrekord. Weitere acht sollten im Rahmen des IHS folgen, darunter die bis heute unvergessenen 45,05 Sekunden von 400-Meter-Star Thomas Schönlebe oder die noch bestehende Marke von 7,30 Sekunden über 60 Meter Hürden durch den Briten Colin Jackson.
Auch der nationale Meisterschaftsreigen in Sindelfingen riss nie ab. Die besten Aktiven und Jugendlichen treffen sich hier regelmäßig, um ihre Hallenmeister zu ermitteln. Sechsmal der Nachwuchs und elfmal die Aktiven - bislang. Der Termin für die insgesamt 18. deutsche Meisterschaft in Sindelfingen steht schon fest: Am 12. und 13. Februar 2005 werden im und um den Glaspalast die deutschen Jugendmeisterschaften mit Winterwurf stattfinden.
(Quelle und mit freundlicher Genehmigung: KREISZEITUNG Böblinger Bote, 10.03.04)


Gegensätzliche Motivationsgründe zur Teilnahme bei der Senioren-Hallen-WM

Schnelle Gerti, gemütlicher Spätstarter

Von Ralf Mickeler, 36 Jahre aus Holzgerlingen, bis hin zu Gerti Reichert aus Leonberg, Jahrgang 1938, reicht die Bandbreite der Kreisteilnehmer bei den ersten Leichtathletik Hallen-Weltmeisterschaften der Senioren. Beide sind auch aus sportlicher Sicht verschieden. Ralf Mickeler startet im Crosslauf über acht Kilometer, Gerti Reichert ist Sprinterin. 60 und 200 Meter sind ihre Spezialdisziplinen.
Bereits als Schülerin war sie in der Leichtathletik ein Ass. Doch ernsthaft zum Laufen kam die gebürtige Hessin erst mit 20 Jahren. Da lief sie beim Fürther Pfingstsportfest 12,6 Sekunden - ohne Spikes, 1958 auf der Aschenbahn eine beachtliche Zeit. Beruflich bedingt musste sie ihre Rennschuhe allerdings schon zwei Jahre später an den Nagel hängen. Und da blieben sie, ein Vierteljahrhundert lang. Mit Hausfrauentennis hielt sie sich ein wenig fit. Bis eine Handverletzung auch dieses Freizeitvergnügen beendete. Was tun? "Ich mache das Sportabzeichen, Kugelstoßen kann ich auch mit links", beschloss die damals 47-Jährige. Und im 100-Meter-Lauf wirbelte sie fast wie in alten Tagen über die Bahn. "Gerti, Du bist so schnell, versuch's doch mal bei den Seniorenmeisterschaften", riet ein Bekannter.
Gesagt, getan. 13,5 Sekunden handgestoppt, dann 13,52 Sekunden elektronisch brachten ihr auf Anhieb die württembergische Meisterschaft und Platz vier bei den deutschen Titelkämpfen. 1986 holte sie in Malmö die Europameisterschaft und 1988 wiederum bei den europäischen Titelkämpfen in Verona mit 13,49 Sekunden den deutschen Rekord in der Altersklasse W50. Eine ganze Kiste voll Medaillen und Auszeichnungen hat sie seitdem gesammelt.
Ganz anders Ralf Mickeler. Für ihn ist es die erste Teilnahme an einer größeren Leichtathletikmeisterschaft überhaupt. Und das gleich bei einer WM. Er zählt zu den Vorläufern beim Lauftreff Holzgerlingen. Doch wettkampfmäßig war er in den vergangenen Jahren lediglich bei Läufen der Schönbuch-Cup-Serie sowie zweimal beim Berlin-Marathon aktiv. Eigens für Sindelfingen hat er sein Training intensiviert. Denn schließlich ist es Ehrensache, bei einer WM auch in Topform anzutreten. Neben dem regelmäßigen Lauftraining im Wald spult er jeden Dienstag zusammen mit seinem vier Jahre älteren Laufkameraden Ralf Schmäding, in Sindelfingen ebenfalls im Crosslauf am Start, im Holzgerlinger Stadion seine Runden herunter. Beim Glaspalast-Waldlauf vor zwei Wochen zeigte er sich mit einer 36er-Zeit über zehn Kilometer gut in Form. "Das Training schlägt an", ist er optimistisch vor seinem WM-Start. "Nicht Letzter werden", ist seine Devise im Crosslauf am Samstag.
Zweimal in der Woche geht Gerti Reichert zum Training. Oft alleine, manchmal auch in den Sindelfinger Glaspalast, wo sie sich dann gleichaltrigen Männern anschließt. Ihre Ziele für die WM sind wesentlich höhere. "Ich möchte gerne gewinnen", sagt sie selbstbewusst.
Die schnelle Gerti kann es schaffen, sie muss auf der Bahn nur richtig Gas geben.(
Quelle und mit freundlicher Genehmigung: KREISZEITUNG Böblinger Bote, 10.03.04)


Heute beginnt im Sindelfinger Glaspalast die erste Senioren-Weltmeisterschaft / Einstündige Eröffnungsfeier um 17 Uhr

Die Sprinter machen den Anfang

Von Hans-Joachim Müller und Philipp Hamann
Nach acht Monaten Vorbereitungszeit ist es heute soweit. Um 8.30 Uhr beginnt im Glaspalast mit den Vorläufen über 200 Meter die erste Hallen-Weltmeisterschaft der Leichtathletik-Senioren.
Insgesamt 2635 Sportler aus 57 Ländern gehen in den nächsten fünf Tagen in elf (Frauen), beziehungsweise zwölf (Männer) verschiedenen Altersklassen auf Medaillenjagd. Der Wettbewerb M35 ist allerdings nur ein Demonstrationswettbewerb. Wer hier gewinnt, darf sich nicht Weltmeister nennen.
Sonst gab es im Vorfeld dieser Veranstaltung allerdings kaum eine Einschränkung. Karl-Heinrich Lebherz, Präsident des Württembergischen Leichtathletikverbandes: "Wer im Vorfeld die Startgebühr von 70 Euro bezahlt hat, darf starten."
Das hat der Holzgerlinger Ralf Mickeler getan. Er hält sich normalerweise beim Lauftreff der SpVgg Holzgerlingen fit und wird am Samstag am Crosslauf über acht Kilometer rund um den Glaspalast starten. "Dafür kaufe ich mir eigens noch Spikes, denn sonst habe ich auf dieser Strecke keine Chance", so Ralf Mickeler.
Für den Holzgerlinger war von Anfang an klar, dass er bei diesen Titelkämpfen an den Start gegen wird: "An so einer Veranstaltung muss man einfach teilnehmen." Für seinen Start am Samstag verzichtete der Familienvater am vergangenen Wochenende sogar auf die Bezirksmeisterschaften. "Wenn ich dort trotz meiner Erkältung gelaufen wäre, hätte ich die WM abschreiben müssen", so der Holzgerlinger.
Mit einem Platz unter den besten zehn Läufern bei dem WM-Lauf wäre es dann auch nichts geworden. Ralf Mickeler: "In meiner Altersklasse M35 starten am Samstag nur acht Läufer, da ist mir ein Spitzenplatz garantiert. Der dritte Rang und damit die Bronzemedaille wäre für mich der Hammer."
Edelmetall hat auch Dietmar Wesp im Visier. Er ist einer von zehn Startern des VfL Sindelfingen bei dieser Weltmeisterschaft und wohl auch der bekannteste. In den 80er Jahren war er einer der besten deutschen Stabhochspringer. 1983 stellte er mit 5,30 Meter einen neuen Vereinsrekord auf, der bis heute Gültigkeit hat. In der Altersklasse M45 geht er am Samstagmorgen auf Höhenjagd.
Dagegen fast noch ein Youngster ist Dr. Peter Heinkele. Der Zahnarzt aus Gärtringen sprang im Jahre 1985 2,01 Meter hoch. Die beliebtesten Strecken der älteren Jahrgänge scheinen trotz des Trends zum Dauerlauf zwischen 60 und 400 Metern zu liegen. Hans-Jürgen Burgstahler (M40), Peter Göttner (M55), Roland Wahl (M40), sowie Anna (W40) und Peter Wiesner M40) jedenfalls ziehen die Strecken über 60 und 200 Meter vor.
Ob Reinhard Michelchen (M50), der über 60, 200 und 400 Meter gemeldet ist, überhaupt starten kann, steht noch gar nicht fest. Endlaufchancen über 800 Meter erhofft sich Bernhard Grißmer (M45). Der einzige Langstreckler vom VfL Sindelfingen der bei den Weltmeisterschaften an den Start geht ist Werner Hasler. In der Halle läuft er die 3000 Meter. Hier werden heute Nachmittag auch die ersten Medaillen vergeben. Außerdem sucht Werner Hasler am Samstag noch wie Ralf Mickeler das Abenteuer beim Crosslauf.
Heidi Azeroth (W60), Hartmut Lechler (M40) und René Reichert (M35) alle von der SV Böblingen sind auf den längeren Strecken zuhause. Genau wie Gudrun Vogl (SV Renningen), bekanntermaßen eine gute Langstrecklerin ihrer Altersklasse W50.
Der ehemalige Weit- und Dreispringer Bernhard Stierle (M60) von Salamander Kornwestheim hat nun im Trikot des VfL Herrenberg volles Programm. 60 Meter-Hürden, Hoch-, Weit- und Dreisprung nimmt er in Angriff.
Heute um 17 Uhr werden die Wettkämpfe für eine Stunde unterbrochen, denn dann steht im Glaspalast für eine Stunde die offizielle Eröffnungsfeier auf dem Programm. VfL-Abteilungsleiter Dieter Gauger: "Das wird eine farbenfrohe Angelegenheit."
Alles Wissenswerte rund um diese erste Hallen-Weltmeisterschaft bekommt man ab sofort unter www.sindelfingen.de im Internet.
(Quelle und mit freundlicher Genehmigung: Sindelfinger Zeitung; 10.03.04)


Zwei Limousinen für die Prominenz

Von Philipp Hamann

Dieter Gauger, Abteilungsleiter der Sindelfinger Leichtathleten, hat rechtzeitig vor dem heutigen Start der Senioren-Weltmeisterschaft eine Sorge weniger. Für die Beförderung der Ehrengäste stellt DaimlerChrysler zwei Limousinen zur Verfügung. Die SZ/BZ sprach mit Dieter Gauger über den letzten Stand der Vorbereitungen zu diesem Großereignis.

Wie geht es Ihnen 24 Stunden vor dem Start der Weltmeisterschaft?
Dieter Gauger: "Meinen Sie gesundheitlich oder sportlich? Nein im Ernst: Mir geht es gut. Alle Vorbereitungen laufen rund."

Drückt denn irgendwo noch der Schuh?
Dieter Gauger: "Leider wurden bei den drei Bussen, die uns der Stadtjugendring für die WM zur Verfügung stellt in der Nacht zum Dienstag die Nummernschilder geklaut. Darum musste ich mich jetzt auch noch kümmern."

Heute kommt Leichtathletik-Weltpräsident Lamine Diack nach Sindelfingen. Muss er sich in einen der drei Busse setzen?
Dieter Gauger: "Glücklicherweise nicht. DaimlerChrysler gibt uns für die Dauer der Veranstaltung zwei S-Klasse Limousinen. Damit können wir Lamine Diack standesgemäß am Flughafen abholen."
(Quelle und mit freundlicher Genehmigung: Sindelfinger Zeitung; 10.03.04)


Morgen beginnt im Sindelfinger Glaspalast die Hallen-Weltmeisterschaft der Senioren / 20 000 Euro Zuschuss von der Stadt

Für fünf Tage der Nabel der Welt

Von Philipp Gerber
Ab morgen ist Sindelfingen der Nabel der Welt. Zumindest für mittlere und ältere Semester, die noch locker am eigenen Nabel vorbeischauen können, ohne dass der Blick auf die Füße von einer mit den Jahren wachsenden Bierbauch-Beule verdeckt würde.
Weil sie sich als ehrgeizige Leichtathleten sportlich fit halten. Vom agilen Mitdreißiger bis zum rüstigen Rentner machen sich diese Menschen von überall auf, um bei den ersten globalen Hallenmeisterschaften der Senioren im Glaspalast bis Sonntag um Ruhm und Ehre und um die Medaillen zu kämpfen.
"Die Gelegenheit für Sindelfingen", findet Thomas Jeggle, stellvertretender Sportamtsleiter, "den Namen der Stadt einmal mehr weltweit ins Gespräch zu bringen." Bei der Verwaltung freut man sich auf bis zu 3500 zusätzliche Gäste in Sindelfingen. "Das ist dann auch wirtschaftlich interessant", so Thomas Jeggle, selbst aktiver und hervorragender Läufer.
Deswegen unterstützt die Stadt das Organisationsteam - vorwiegend aus dem VfL besetzt - gerne. 20000 Euro gibt's als Zuschuss. Allein die Hälfte davon geht für fünf Tage Hallenmiete im Glaspalast drauf. Den Rest fressen unter anderem die Personalkosten an den Marathon-Tagen von frühmorgens bis spätabends. Aber die Stadt macht noch mehr.
Es wird mitangepackt. Weil die Infrastruktur im Stadion, wo vier der fünf Wurfdisziplinen stattfinden, marode ist, haben Eberhard Hartinger und Gerhard Jahn 20 Stunden lang geschraubt und geschweißt. Und die beiden Stadionwarte haben ganze Arbeit geleistet: Auf der Werferwiese neben dem Hartplatz steht seitdem ein nagelneuer Käfig, der die WM-Teilnehmer beim Gewichtwerfen schützen soll. Immerhin wiegen diese Wurfhammer-ähnlichen Geräte zwischen fünfeinhalb und 15 Kilogramm.
"Abgesehen davon, dass wir kein Geld für so etwas haben - es hätte sich nicht gelohnt, in eine neue Anlage zu investieren oder sie zu leihen", erklärt Thomas Jeggle. Und als sich die handwerklich geschickten Hartinger und Jahn für den Bau ins Spiel brachten, sagte man beim Sportamt nicht nein. Jeggle: "Die Qualität der Mitarbeiter ist da ein echter Vorteil." Dass beide inzwischen rund 150 Überstunden gesammelt haben wohl eher nicht.
Daneben ist die Stadt in vielen Arbeitsgruppen und im Organisationskomitee vertreten. Thomas Jeggle: "Offiziell ist unser ehemaliger Sportbürgermeister Andreas Schütze dort Mitglied." De facto teilen sich Jeggle und sein Chef, Sportamtsleiter Dr. Joachim Wolf, die Arbeit. Wolf kümmert sich unter anderem um den Empfang der Stadt am Freitag, 11. März, an dem rund 80 Repräsentanten aus Sport und Politik zusammen dinieren.
Weitaus mehr fällt jedoch die gesamte Ablauforganisation ins Gewicht. Auf dem Badezentrums-Parkplatz am Burghaldenfriedhof erwartet Bäderleiter Peter Riedel um die 40 Wohnmobile. Vielleicht doppelt so viele. Die Weltmeisterschafts-Teilnehmer können in den nächsten Tagen zum ermäßigten Preis in die Schwimmhalle - duschen und plantschen.
Die Stadt hilft im Glaspalast, beim Gerätetransport der ausgeliehenen Sport-Anlagen aus der Schleyerhalle in Stuttgart, bei der Ausschilderung der Crossstrecke, stellt Reinigungspersonal zur Verfügung, das Ordnungsamt regelt Straßensperrungen beim Gehen. Und, und, und.
"Bereits im letzten Jahr", so Thomas Jeggle, "haben wir die Besitzverhältnisse im Eichholzer Täle geklärt." Danach hat das Vermessungsamt die dortige Crossstrecke mitgeplant. "Im Großen und Ganzen ist es ja in Ordnung", findet der stellvertretende Sportamtsleiter, "wenn wir gewisse Dinge machen."
Für die Zeit der Vorbereitung dieser Weltmeisterschaften sind sogar noch zwei Praktikantinnen engagiert worden. Wichtig ist ihm jedoch auch: "Die Belastungsgrenze ist erreicht." Es müsse alles in einem machbaren Rahmen ablaufen: "Manchmal scheint es ein altes Denken zu geben, nach dem Stadt und Vereine eins sind. Dem ist aber nicht mehr so. Früher mag das mal anders gewesen sein."
(Quelle und mit freundlicher Genehmigung: Sindelfinger Zeitung; 09.03.04)


Senioren glänzen in Potsdam für Sindelfingen

Die Ouvertüre für die deutschen Seniorinnen und Senioren im Hinblick auf die Hallen-WM in Sindelfingen konnte kaum gelungener sein. Bei den Deutschen Senioren-Hallenmeisterschaften in Potsdam am letzten Wochenende wurden drei neue Hallenweltrekorde erzielt und je ein Weltrekord und Europarekord eingestellt.
Dazu kamen über 40 (!) neue deutsche Senioren-Hallenbestleistungen. Wolfgang Ritte (M 50, Stabhoch, 4,63 m), Brigitte Schommler (W 55, 200 m, 28,47 s) und Karin Förster (W 55, Stabhoch, 2,65 m) stellten neue Weltrekorde auf. Christiane Schmalbruch (W 65, Hoch, 1,24 m) stellte den bestehenden Weltrekord ein un Ute Ritte (W 50, Stabhoch, 2,80 m) egalisierte ihren eigenen Europarekord. Einen Rekord hatte es schon vor dem ersten Startschuss gegeben: 1274 Teilnehmer/innen hatten insgesamt 1862 Einzelmeldungen und 51 Staffelmeldungen abgegeben. Mit 165 Teilnehmern war die Klasse M 40 am stärksten besetzt vor den Klassen M 60 (118) und M 50 (112). Bei den Seniorinnen wurden in den Klassen W 40 (90) und W 35 (67) die meisten Athletinnen gemeldet.
Mit Ausnahme von Christiane Schmalbruch werden auch in Sindelfingen alle oben genannten Rekordler/innen an den Start gehen. Bei der starken internationalen Konkurrenz hängen die Trauben natürlich hoch, doch einiges spricht dafür, dass wir nach den Klasseresultaten von Potsdam auch in Sindelfingen wieder mit guten Erfolgen rechnen können.
(03.03.04, Quelle: www.leichtathletik.de, Jörg Reckmeier)


Annettes Seite