auf dieser Seite: Fußball und Nandrolon Baumann-Interview zu EPO Doping und Langstreckenlauf (aus: RUNNERSWORLD) Tricks
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Interview mit IAAF-Generalsekr. Istvan Gyualai vom 11.02.00
Der Internationale Fußball-Verband (Fifa) stoppt die Sanktionierung von Nandronolnfällen.Allerdings bleibt das anabole Steroid Nandrolon weiterhin auf der Dopinglistedes Weltverbandes. Es gibt keine Strafen gegen Spieler, die einen zu hohen Level des auch im Urin von Läufer-Ass Dieter Baumann gefundenen Mittels aufweisen. `Die Fifa geht davon aus,dass Nandrolon in Belastungssituationenbei Männern auch körpereigen produziert werden kann. Nun ist eine Neudefinierung des Grenzwertes nötig´, sagte Andreas Herren als Sprecher des Weltverbandes dem Sport-Informations-Dienst (sid) auf Anfrage. Die Zweifel am Resultat von Proben, die bislang bei einer Konzentration von zwei oder mehr Nanogramm pro Milliliter Urin als positiv und sanktionsbedürftig gelten, nährte eine Schweizer Studie, deren Ergebnisse aber erst teilweise vorliegen. Herren: `Martial Saugy, Leiter des gerichtsmedizinischen Institutes und des vom Internationalen Olympischen Komitee akkreditierten Institutes in Lausanne, hat bei einem Versuch mit 148 Schweizer Fußballern festgestellt, dass offenbar bei starker körperlicher Beanspruchung so viel Nandrolon gebildet wird, dass die bisherigen Grenzwerte angezweifelt werden müssen.´ Herren weiß noch nicht, bei wie vielen Fußballern der Pegel über dem bisherigen Grenzwert lag und welche Spitzenwerte dabei erreicht wurden. Bei dem Test wurde offenbar auch vorausgesetzt, dass keine der beteiligten Personen Nandrolon auf künstlichem Wege zu sich nahm. Aufgrund wissenschaftlicherund juristischer Expertisen glaubt die Fifa laut Herren aber inzwischen:`Mit diesem Wissen können wir keine Strafen gegen Spieler verhängen, die positiv auf Nandrolon getestet wurden. Man kann sagen, dass Sperren auf Basis der bisherigen Grenzwerte für Nandrolon vor keinem Gericht mehr Bestand haben,wenn rechtliche Schritte eingeleitet werden.´ Quelle: Yahoo Sports 05.03.00 Nachtrag: Nach verschiedenen Nandrolon-Fällen in Italien und Spanien hat der Europäische Gußballverband (UEFA) im frühsommer 2001 zum Teil deutliche Sperren verhängt.
Baumann-Interview: EPO auch in der Leichtathletik Quelle: Sport im Internet - Leichtathletik Stuttgart, 15.07. - Im Interview nimmt Dieter Baumann Stellung zu Doping im Allgemeinen und EPO im Besonderen und fordert, dass Sportler unangemeldet kontrolliert werden. Frage: EPO im Radsport - das ist bekannt. Vermuten Sie das Mittel auch bei den Dauerleistern in der Leichtathletik? Baumann: Ja. Ich glaube fest daran, dass EPO benutzt wird. Frage: Der Radsport-Weltverband UCI lässt deswegen weltweit Blutkontrollen vornehmen, um über die Feststellung des Hämatokrit-Wertes EPO auf die Spur zu kommen. Warum geschieht das bisher nicht auch durch den Leichtathletik-Weltverband IAAF? Baumann: Wir werden durch den deutschen Verband schon getestet. Ich zum Beispiel in dieser Saison viermal. Aber das geschieht im Gegensatz zum Radsport unangemeldet. Frage: Will der Radsport da etwas vertuschen? Baumann: Der beschränkt sich auf die Veröffentlichung des Hämatokritwertes. Der ist schnell zu manipulieren. In der Höhe von St. Moritz habe ich schon nach einem Tag Training gut 50 Prozent, trinke ich einen Liter mehr Flüssigkeit, bin ich runter auf 46. Das alles gibt für mich keinen exakten Anhaltswert für EPO-Einnahmen. Frage: Welcher Wert denn? Baumann: Der DLV schickt die Proben ins Labor zu Professor Schänzer nach Köln. Dort werden alle Blut-Parameter analysiert und auch veröffentlicht. Das wäre der entscheidende Schritt. Ist EPO im Spiel, wird die Zahl der roten Blukörperchen zur besseren Sauerstoffaufnahme drastisch vermehrt. Dadurch ist der Eisenbedarf größer. Hier gibt es erhebliche Schwankungen, die einen Hinweis geben könnten. Wird EPO genommen, steigt die Zahl der jungen roten Blutkörperchen im Verhältnis zu den alten immens an. Dieses unnatürliche Verhältnis kann ich allein durchs extreme Höhentraining, auch nicht auf dem Himalaya, gar nicht erreichen. Also kann das auf EPO-Einnahme schließen. EPO wirkt im Körper eines Athleten, als wenn man im VW einen Porsche-Motor einbaut. Erst durch die Veröffentlichung aller Werte und Parameter wäre auch den Athleten gedient. Denn sie hätten dann, ob Radrennfahrer oder Leichtathleten, eine größere Sicherheit. Frage: Was fordern Sie jetzt? Baumann: Ich fordere, dass der Weltverband IAAF die Analyse-Methoden des DLV übernimmt. Ich fordere zudem, dass die IAAF weltweit wie in Deutschland bei Leichtathleten unangemeldete Blutkontrollen im Training oder bei größeren Veranstaltungen vornehmen läßt und danach auch alle Blutwerte- und Parameter veröffentlicht. aus
aus RUNNERSWORLD 15.10.1998 Drugs and distance runners by Jim Ferstle Whenever the whispers start about drug use among distance runners, they usually involve erythropoietin (EPO), not steroid abuse. Distance runners don't need steroids, is the reasoning. However, if Uta Pippig is found guilty of using testosterone, that perception may change. It should have changed already. Distance runners are no more immune to the temptation of steroids than any other athletes. Consider the record. In 1986 Polish marathoner Antoni Niemczak tested positive for nandrolone at the New York City Marathon. In 1987 1500-meter runner Sandra Gasser was banned by the IAAF for a test that indicated she used steroids at the 1987 World Track and Field Championships in Rome. More recently, documents uncovered by Dr. Werner Franke, the German molecular biologist who has exposed the systematic drug use by German Democratic Republic (GDR) athletes, reveal several distance runners on a handwritten list of athletes on the GDR drug program. On that list are double Olympic marathon champ Waldemar Cierpinski, marathoner Jorg Peter, steeplechaser Frank Baumgartl, Olaf Beyer, Andreas Busse, and Anita Weiss. Another STASI document reveals that 1988 Olympic bronze medal-winning marathoner Katrin Dorre flunked a GDR precompetition test in 1987. While steroids are advertised for their muscle-building properties, they also have benefits for distance runners who can take them in smaller doses. Dr. David Martin, the Georgia physiologist who works with many Olympic athletes, wrote in the ATFS annual about the effect of anabolic steroids. He noted that one benefit was stimulation of erythropoietin production, which increased red blood cell production. And androgen use is particularly beneficial for women. In a paper Franke published in Clinical Chemistry last year detailing the GDR studies on drug use, he noted that female distance runners improved after going on a steroid program, while male distance runners did not show as much or as dramatic an improvement. Thus, while EPO use has the current benefit of being undetectable, it would be foolish to assume that distance runners are any less tempted than the rest of the sport's athletes to experiment with anabolic steroids. There is little data to support the notion that it is widespread, but to ignore the potential for abuse would be foolish.
Sevilla, 19.08.99. Das Dopingnetz ist an vielen Stellen gerissen. Unzählige Sportler fallen durch die Maschen des groben Geflechts. Gerade im Zusammenhang mit dem spektakulären Fall der jamaikanischen Sprint-Diva Merlene Ottey protestieren Doping-Fahnder gegen die "Flucht-Mentalität" vieler Athleten.
So heißt es im Bericht zum 42. IAAF-Kongress unter anderem, dass zehn Prozent der angesetzten Trainingskontrollen nicht zur Durchführung kommen konnten, weil die entsprechenden Athleten nicht angetroffen wurden. "Mit anderen Worten, die internationalen Anti-Doping-Fahnder konnten sie nicht an dem Ort finden, der der IAAF mitgeteilt wurde." Dabei muss man von einer Größenordnung zwischen 150 und 200 Personen ausgehen, wenn man berücksichtigt, dass 1998 seitens der IAAF 1755 sogenannt "Out-Of-Competition"-Tests statistisch erfasst sind.
Bestimmte Aktive kann die IAAF mit ihrem Testprogramm gar nicht erst erreichen, weil der nationale Verband nicht über den Aufenthaltsort seines Athleten informiert ist. "Es gibt einige Mitglieder, die diese Informationen nicht liefern können oder wollen", heißt es im Bericht von Professor Arne Ljungqvist, Vorsitzender der Medizinischen Kommission der IAAF.
Die "Informationspolitik" wird andererseits aber auch "offensiv" vertreten. So berichtete Klaus Wengoborski, Deutschlands Doping-Fahnder Nummer eins, dass Athleten in vielen osteuropäischen Ländern spätestens dann über seine "Besuche" informiert würden, wenn "ich gerade die Grenze überschritten habe."
Auch Umstände bei den 1997 eingeführten "IAAF Elite Athlete's Club"-Pässen (IEAC cards) bereiten der IAAF Sorge. So müssen die "Top 20" in jeder Meisterschafts-Disziplin am Ende des Jahres mindestens zwei unangemeldete Kontrollen nachweisen, um an der Ausschüttung von Preisgeldern partizipieren zu können. 1998 konnten bereits drei namentlich nicht genannte Athleten diesen Nachweis nicht antreten, bis Juli 1999 waren es bereits zwei.
Hamburg - Olympiasieger Dieter Baumann steht unter dringendem Dopingverdacht. Der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) habe den 34-jährigen Weltklasse-Langstreckenläufer bereits am vergangenen Montag davon in Kenntnis gesetzt, dass er bei zwei Trainingskontrollen im Oktober und November positiv auf das Anabolikum Nandralon getestet wurde. &laqno;Ich versichere, dass ich zu keiner Zeit meines Lebens Dopingmittel eingenommen habe», wehrte sich der für TSV Bayer Leverkusen startende Leichtathlet in einer am Freitagmorgen verbreiteten &laqno;Persönlichen Erklärung».
Der Tübinger bot die &laqno;Offenlegung meiner gesamten medizinischen Betreuung» an und bat ausdrücklich selbst darum, umfangreiche Untersuchungen einzuleiten. Auf einer Pressekonferenz am (heutigen) Freitag (14.00 Uhr) in Stuttgart will Baumann zu den Vorwürfen Stellung nehmen.
Dieter Baumann, 1992 in Barcelona Olympiasieger im 5000-m-Lauf, hat inzwischen einen Anwalt eingeschaltet. &laqno;Das sind im Moment nur formaljuristische Dinge, die da abgehen. Ich kann mich da nicht wehren», erklärte der Schwabe. (19.11.99)
Dieter Baumann will versuchen, "mein Leben drei, vier Wochen so aufrecht zu erhalten, wie ich es bisher geführt habe. Ich hoffe, dass ich die Motivation dazu aufbringen kann". Der Tübinger hat im Moment jedoch wenig Hoffnung, entlastendes Material zu finden und sucht auch nicht nach Ausreden. Dass ihm jemand das verbotene Nandrolon ins Essen gemischt hat, "diese kriminelle Energie traue ich niemandem zu". Eine Panne bei der Analyse oder Vertauschung des Urins schließt er ebenfalls aus, "ich war doch Mitinitiator dieses Kontrollsystems, ich habe es getragen".
Seine einzige Hoffnung setzt der Langstreckenläufer jetzt in die Wissenschaft. Da in diesem Jahr auffällig viele Athleten mit Nandrolon erwischt wurden, sei auf "eine sehr große Unsicherheit" bei dieser Substanz zu schließen. Baumann will deshalb seine Lebensgewohnheiten wie bisher fortführen und "zwei bis drei Mal in der Woche kontrolliert werden. Das ist der einzige Weg, herauszufinden, wo diese Quelle ist". (20.11.99)
In Zeitungskolumnen wetterte Dieter Baumann gegen die Dopingmentalität und mit Innenminister Otto Schily redete er über Gegenmaßnahmen. Jetzt steht ausgerechnet der Muster- Leichtathlet Baumann selbst unter Dopingverdacht.
Keine Gnade hatte der Olympiasieger von 1992 gekannt, wenn ein Kollege erwischt wurde. Als im Sommer die Fälle Merlene Ottey, Javier Sotomayor und Linford Christie für Schlagzeilen sorgten, meinte Baumann: "Ich erkenne daran nichts Schlimmes, wenn Sportler erwischt werden. Ich hoffe vielmehr, dass es Unruhe in der Szene gibt."
Zusammen mit Hochsprung-Olympiasiegerin Heike Henkel hielt Baumann jahrelang das "Fähnlein der Sauberen" hoch: "Wir können im Sport zeigen, dass es auch anders geht, als es alle machen." Der deutsche Rekordhalter scheute sich auch nicht, Athleten in Verdacht zu bringen. So kommentierte er 1993 bei der WM in Stuttgart die Siegesläufe der Chinesinnen mit den Worten: "Ich bin davon überzeugt, dass es hier nicht mit rechten Dingen zugegangen ist."
Schon 1994 forderte der Europameister den Gesetzgeber in Deutschland auf, Dopingmittel nach nordamerikanischem Vorbild unter Strafe zu stellen. "Doping mitAnabolika macht süchtig. Erst nimmt man es nur, um eine bestimmte Leistung zu erreichen. Dann kann der Athlet nicht mehr aufhören, weil er glaubt, ohne geht nichts mehr", sagte der DLV-"Vorlaeufer", in dessen Urin jetzt Spuren des Anabolikums Nandrolon gefunden wurden.
Auch der Handel mit Anabolika sollte nach seiner Meinung unter Strafe gestellt werden. "Und wieso sollten Kontrollen nicht von unabhängigen Unternehmen oder sogar von der Polizei durchgeführt werden?», fragte er und forderte später sogar eine Sonderkommission der Kriminalpolizei für den Anti-Doping-Kampf in Deutschland. Stets sprach sich Baumann dafür aus, mehr Geld in die Doping-Analytik zu stecken, um zum Beispiel das Blutdopingmittel Epo oder das Wachstumshormon HGH nachweisen zu können. Und als er in einem Trainingslager 1996 in Portugal nicht kontrolliert wurde, beschwerte sich der Langstreckenläufer sogar öffentlich.
Baumann hatte immer betont, dass er nicht bei jedem &laqno;Wehwehchen» Medikamente nimmt und eine Grippe am liebsten mit Hausmitteln und im Bett auskuriert. Der Schwabe schwor auf "meinen selbst gemosteten Apfelsaft und mein selbst gebackenes Bananenbrot". Mit dem Slogan "Gut zu wissen, was man isst und trinkt" wirbt er in Rundfunkspots und auf Plakaten für Agrarprodukte aus Baden-Württemberg. (dpa)
Dieter Baumann:"Persönliche Erklärung" im Worlaut:
"Der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) hat mir in dieser Woche die überaus schockierende Nachricht eröffnet, dass zwei meiner Trainingskontrollen auf das Anabolikum Nandrolon positiv getestet wurden. Ich habe dafür keine Erklärung, aber ich werde alles in meiner Macht stehende tun, den Sachverhalt aufzuklären.Ich versichere, dass ich zu keiner Zeit meines Lebens Dopingmittel eingenommen habe. Dies würde zutiefst meiner Einstellung zum Leistungssport und meiner Grundeinstellung zum Leben widersprechen. Ich habe die Offenlegung meiner gesamten medizinischen Betreuung angeboten und darum gebeten, umfangreiche Untersuchungen einzuleiten. Ich habe mich in der Vergangenheit immer für einen sauberen Sport eingesetzt und ich werde dies auch in Zukunft tun. Mir liegt daran, zu diesen Fragen, die mich sehr bedrücken, allen interessierten Medienvertretern Rede und Antwort zu stehen. Dazu möchte ich Sie zu einer Pressekonferenz am heutigen Freitag, 19.11.99, um 14.00 Uhr nach Stuttgart zum Olympiastützpunkt Stuttgart in der Mercedesstr.83 (hinter der Schleyerhalle) einladen. Tübingen, 19.11.99 gez. Dieter Baumann"
Dieter Baumann unter Dopingverdacht - Anti-Doping-Kommission des DLV suspendiert den Olympiasieger von 1992
Gegen Dieter Baumann (TSV Bayer 04 Leverkusen) besteht Doping-Verdacht. Wie die Anti-Doping-Kommission des DLV mitteilt, ergaben Analysen (einer am 19.10. vorgenommenen Trainingskontrolle und einer Kontroll-Probe am 12.11.) jeweils einen weit über dem erlaubten Grenzwert von 2 Nanogramm liegenden Nandrolon-Anteil von über 20 Nanogramm im Urin des Athleten. Dieter Baumann wurde am Mittwoch, dem 17.11.99, von der Anti-Doping-Kommission des DLV angehört und hat dabei seine Unschuld erklärt. Der unzulässige Wert kann seiner Einschätzung nach nicht durch ein Fehlverhalten seinerseits zustande gekommen sein. Nach einer weiteren Erklärungsfrist, die für Untersuchungen im persönlichen Umfeld des Athleten genutzt wurde, suspendierte ihn die Anti-Doping-Kommission am heutigen 19.11.99 mit sofortiger Wirkung vom Wettkampfbetrieb. Die ADK wird unverzüglich dem Präsidium berichten und dieses aller Voraussicht nach beim Rechtsausschuss die Verhängung von Sanktionen beantragen. Der DLV-Rechtsausschuss kann weitere Untersuchungen einleiten und wird nach einer möglichen mündlichen Verhandlung eine Entscheidung darüber zu treffen haben, ob sich der Athlet eines Dopingverstoßes schuldig gemacht hat und welche Sanktionen in diesem Fall auszusprechen sind. Nandrolon zählt auf der Liste der verbotenen Substanzen zu den Anabolika, deren Antreffen im Körper in der Regel eine zweijährige Wettkampfsperre nach sich zieht. Dieter Baumann ist einer der erfolgreichsten Leichtathleten der letzten Jahrzehnte. Er hat über dreißig nationale Titel errungen, hält die Deutschen Rekorde über 3.000, 5.000 und 10.000 m und erzielte neben seinem Olympiasieg im Jahre 1992 international mit dem Europameisterschaftstitel von 1994 und der Vize-Europameisterschaft 1998 seine sportlich wertvollsten Erfolge. In zahlreichen Diskussionsrunden mit Journalisten, Politikern und Wirtschaftspartnern hat sich Dieter Baumann für einen sauberen, doping- und manipulationsfreien Spitzensport eingesetzt und galt deshalb als Vorzeige-Athlet des derzeitigen, nach wie vor für einen strikten Anti-Doping-Kurs eintretenden, DLV-Präsidiums.
Stimmen 1999 zum Fall Dieter Baumann
Manfred von Richthofen (Präsident Deutscher Sportbund): "Ich empfinde das als eine erschreckende Meldung. Ich hoffe auf eine schnelle und rückhaltlose Aufklärung."
Prof. Helmut Digel (DLV-Präsident): "Es ist eine Tragödie für die Leichtathletik in Deutschland. Dieter Baumann hat sich mit großem Engagement, mit Intelligenz und mit Überzeugungskraft im Kampf gegen das Unwesen des Dopings engagiert. Mich verbindet mit ihm eine freundschaftliche Beziehung. Aber gerade deshalb wird in diesem Dopingfall des DLV nach den selben Regeln gehandelt, wie dies in allen übrigen Fällen der Fall war. Gerade die freundschaftliche Beziehung legt es mir auch nahe, dass alle jene Prinzipien beachtet werden, die für Dieter Baumann in den öffentlichen Debatten zum Kampf gegen Doping so wichtig sind."
Heike Henkel (Hochsprung-Olympiasiegerin von 1992): "Ich bin total geschockt. Nur die Nachricht von einem Unfall wäre noch schlimmer gewesen. Für Dieter hätte ich meine Hand ins Feuer gelegt. Aber jetzt sehe ich die Gefahr, dass die Glaubwürdigkeit der Leichtathletik ganz im Keller ist. Es ist einfach unvorstellbar, und ich hatte mir schon aus lauter Verzweiflung die Theorie zurecht gelegt, dass vielleicht jemand seine Probe manipuliert hat."
Karsten Kobs (Hammerwurf-Weltmeister): "Um bei meiner Disziplin zu bleiben: Das ist der absolute Hammer. Einen größeren Schaden konnte er als Individuum einer so großen Gruppe wie den Leichtathleten gar nicht antun. Sollte sich alles bestätigen, hat er die gesamte Sportlerschaft in Verruf gebracht. Vor allen Dingen passiert das in solch einem Jahr, wo es für den DLV mit Blickrichtung auf Sydney auch darum geht, möglichst viele finanzielle Mittel bei den Sponsoren loszueisen. Insofern ist der Fall natürlich noch wesentlich schlimmer."
Astrid Kumbernuss (Kugelstoß-Olympiasiegerin und Weltmeisterin): "Das kann ich einfach nicht glauben. Bei dem, was er alles für den Kampf gegen Doping getan hat. Es ist ein Schock für den gesamten deutschen Sport, falls es wirklich stimmt."
Oliver-Sven Buder (Vize-Weltmeister Kugelstoßen): "Da wird ein großes Makel für die Leichtathletik bleiben. Obwohl das Ganze sehr, sehr schlimm ist, ist es irgendwo eine kleine Genugtuung, dass nicht einer aus der Werfer-Garde erwischt worden ist. Immer nur waren wir es, die mit Doping-Verdächtigungen leben mussten. Es wird nun ganz eng für die Leichtathletik, zumal Dieter Baumann immer als der große Saubermann galt."
Rüdiger Stenzel (nationaler Dauerkonkurrent Baumanns über 1.500 m): "Das gibt es doch nicht. Unglaublich. Ich kann es mir nicht vorstellen und glaube fest an seine Unschuld."
Sabine Braun (zweimalige Siebenkampf-Weltmeisterin): "Als ich es gehört habe, konnte ich es erst nicht glauben. Das ist absolut heftig, Dieter galt immer als der absolute Vorzeige-Athlet. Ich glaube aber nicht, dass man in Deutschland sagen wird, weil Dieter eventuell etwas Verbotenes zu sich genommen hat, ist das bei den anderen Spitzenathleten auch so. Leider Gottes interessiert das die Zuschauer sowieso nicht so sehr. Die Sponsoren reagieren da natürlich schon wesentlich allergischer."
Paul-Heinz Wellmann (Geschäftsführer TSV Bayer Leverkusen): "Für mich ist ein Vergehen unvorstellbar. Siebenmal wurde Dieter zuvor in diesem Jahr getestet - jedesmal negativ. Im Schnitt haben ihn die Kontrolleure acht- bis zehnmal pro Jahr aufgesucht. Und wieso sollte er ausgerechnet während einer Trainingspause etwas nehmen?"
Prof. Dr. Werner Franke (Molekularbiologe Uni Heidelberg, Dopingexperte) schenkt den Unschuldsbeteuerungen von Dieter Baumann Glauben: "Ich kenne den Fall schon einige Tage, weil sich Dieter Baumann ganz konsterniert hier nach Heidelberg gewandt hatte." Auf die Frage, ob er Baumann Doping zutraue, antwortete Franke: "Nein, ich glaube ihm. Er ist nun aber verpflichtet, endlich aus den ständigen Diskussionen herauszukommen. Er sollte sich für eine gezielte Langzeitstudie zur Verfügung stellen. Er sollte sein Leben so weiterführen wie bisher, möglichst dasselbe essen, das selbe trainieren. Wenn es wie jetzt zweimal aufgetaucht ist, kann es wieder auftauchen. Dann kann man die Anlässe finden." Die nachgewiesenen überhöhten Nandrolon-Werte könnten, so Franke, durchaus natürliche Ursachen haben. Der Professor verwies auf die Fälle einer deutschen Gewichtheberin sowie einer französischen Rudererin, bei denen Tumore jeweils der Auslöser waren. Allerdings räumte Franke ein, dass auf diesem Gebiet noch großer Forschungsbedarf bestehe.
Der Kampf von Dieter Baumann - alle Tatbestände zusammengefasst vom OLG Frankfurt in seinem Berufungsurteil vom 2001
Merlene Ottey: Geboren am 10. Mai 1960 in Cold Spring/Jamaika. Lebte nach mehreren Jahren in Italien, zuletzt die meiste Zeit in Ljubljana/Slowenien, wird trainiert vom slowenischen Ski- und Leichtathletik-Coach Sryidian Djordjevic.
Größte Erfolge: Weltmeisterin 1993 und 1995 über 200 m, Olympiazweite 1996 über 100 und 200 m. Bestzeiten: 100 m: 10,74 Sekunden (1996), 200 m: 21,66 Sekunden (1990).
Insgesamt gewann Jamaikas Sprintathletin die Rekordzahl von 34 Medaillen bei Weltmeisterschaften (14 Freiluft/13 Halle) und Olympischen Spielen (7). Seit 1980 wurde sie ununterbrochen jedes Jahr unter den Top-Ten der Weltrangliste notiert. 1990 lief sie die200 m siebenmal unter 22 Sekunden, vom 21. Mai 1989 bis zum 8. März 1991 blieb sie in insgesamt 73 Rennen ungeschlagen. Nach den 34 Medaillen wurde sie erstmals bei der WM in Stuttgart 1993, nachdem sie über 100m die Goldmedaille mit einem Rückstand von einer Tausendstel Sekunde verpasst hatte, Weltmeisterin über 200m - einen Titel, den sie zwei Jahre später in Götborg verteidigte.
Von 1980 bis 1998 zählte sie in jedem Jahr zu den zehn weltbesten Sprinterinnen. Ungeschlagen absolvierte sie vom 6. Mai 1989 bis zum 8. März 1991 insgesamt 73 Finalläufe, bis sie von Irina Privalova (UdSSR) bei der Hallenweltmeisterschaft über 60m besiegt wurde. 1993 wurde sie zum Botschafter ihres Landes ernannt und fünfzehn mal zwischen 1979 und 1997 war die Sportlerin des Jahres in ihrem Heimatland.
Zwischen 1979 und 1997 wurde Merlene Ottey 15-Mal zu Jamaikas Sportlerin des Jahres gewählt. Mit 40 Jahren wollte die `Frau des ewigen Frühlings" in Sydney 2000 die älteste Olympia-Medaillengewinnerin der Leichtathletik-Geschichte werden.
Ottey's positiver Test ist der jüngste einer Serie von Nandronlon-Fällen in der Leichtathletik. Unter Nandrolon-Verdacht stehen mittlerweile Linford Christie, der Olympiasieger von Barcelona über 100m, der Brite Doug Walker, im vergangenen Jahr 200m- Europameister und Juana Rosaria Arrendel aus der Dominikanischen Republik, die jüngst bei den Panamerikanischen Spielen den Hochsprung gewonnen hatte. Und dazu Javier Sotomayor (Kuba), den mit Kokain erwischten Hochsprung-Weltrekordler. Hinzu kamen die Fälle solch prominenter Athleten wie Dennis Mitchell (Testosteron) und Bryan Bronson (beide USA), Wiktoria Pawlitsch (Ukraine) und Uta Pippig (Berlin), die Mitte Juli vom DLV für zwei Jahre gesperrt worden war.
Mit dem ebenfalls aus Jamaika stammenden Linford Christie, 39, war vor zwei Wochen der Sprint-Olympiasieger von 1992 ebenfalls der Einnahme von Nandrolon überführt worden. Christie sowie Hürden-Weltrekordler Colin Jackson haben früher über längere Zeit hinweg gemeinsam mit Ottey trainiert.
Gewiss: Noch ist die B-Probe nicht analysiert (aber stimmte bisher in über 99 Prozent aller Fälle mit dem Ergebnis des A-Tests überein). Noch stellen die Briten positive Proben mit Nandrolon in Frage und glauben, dass ein neues, von ihnen in Auftrag gegebenes Gutachten die IAAF-Wissenschaftler widerlegen könne. Doch der Schaden für die ganze Leichtathletik ist nach Ansicht von Beobachtern ist erst einmal da.
Das Wort Schock hatte selten so viel Daseinsberechtigung wie diesmal bei der Verbreitung der Nachricht von der positiven A-Probe der von vielen Fans in aller Welt verehrten Diva des Sprints. Entsetzen zeigten die Minen der meisten von 400 Delegierten aus aller Welt, die sich beim Kongress der IAAF am Donnerstag ausgiebig mit dem verhassten Thema Doping zu beschäftigen haben.
Vom Internationalen Leichtathletik-Verband (IAAF) war zunächst keine Bestätigung zu bekommen. "Ich weiß von nichts", sagte IAAF-Sprecher Giorgio Reineri.
"Es ist auffällig, dass Athleten, wenn sie älter werden, mehr zu solchen Mitteln greifen", kommentierte Helmut Digel, Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), den neuesten Skandal, der am Mittwoch mit überzeugender Stimmenzahl erneut ins IAAF-Council gewähltwurde. Er kann die Meinung derer, die vom Imageverlust für ihre Sportart reden, nicht teilen. Jeder positive Fall sei ein Erfolg der Dopingforscher und ein Sieg für die saubere Leichtathletik, die einmal mehr dokumentiert, dass ihre Selbstreinigungskräfte noch wirken. "Es ist auch klar, dass es sich hier um eine Berufskarriere handelt, in der man sehr viel Geld verdienen kann, und die man gern verlängern möchte." Man müsse aber das Ergebnis der B-Probe abwarten, ehe man ein endgültiges Urteil fälle, sagte der DLV-Präsident.
DLV-Leistungssportdirektor Frank Hensel sprach von einer "Signalwirkung. Es ist wichtig, dass auch die großen Namen erwischt werden, wenn sie es denn tun". Das Jahr 1999 wird in die Geschichte der Leichtathletik jedenfalls als Doping-Jahr eingehen: Mit Hochsprung-Olympiasieger Javier Sotomayor (Kuba/Kokainmissbrauch), Christie und Ottey sorgten gleich drei Topstars für negative Schlagzeilen. Ferner musste sich die IAAF in diesem Jahr noch mit den "Altlasten" eines Ben Johnson herumschlagen, der 1988 in Seoul für den größten Dopingskandal aller Zeiten gesorgt hatte und dessen lebenslange Sperre am Montag bestätigt wurde. Wie bei Christie und Ottey war auch bei 200-Meter-Europameister Doug Walker (ebenfalls Großbritannien) Nandrolon im Spiel.
In seiner Eröffnungsrede auf dem IAAF-Kongress in Sevilla hatte der später wiedergewählte Präsident Nebiolo den Kampf gegen Doping als vordringlichste Aufgabe für die nächsten Jahre bezeichnet. Nur wenige Stunden danach sorgte die Nachricht von der positiven Probe der zweimaligen Weltmeisterin Merlene Ottey aus Jamaika für betretene Minen. &laqno;Ich bin geschockt. Es ist eine persönliche Tragödie», meinte IAAF-Generalsekretär Istvan Gyulai. "Dies ist das Letzte, was wir im Vorfeld der WM gebrauchen konnten", meinte Gyulai, nach dessen Auskunft ein Termin für die Öffnung der B-Probe bereits fest stehe. "Ich kann diesen Termin aber nicht bekannt geben, weil die Athletin darüber noch nicht informiert ist", esagte dr IAAF-Sekretär. Bis zur Analyse der B-Probe gilt Ottey nicht als überführt und hätte daher sogar in Sevilla an den Start gehen können. "Bei der am Samstag beginnenden WM nicht zu starten, ist eine im allgemeinen Interesse liegende Entscheidung", setzte der Ungar hinzu. "Es ist doch niemandem damit geholfen, wenn sie antritt, startet und dann ausgeschlossen wird, beispielsweise weil die B-Probe positiv ist."
Ihr Management FKG erklärte, Merlene Ottey habe bis jetzt keine spezifischen und detaillierten Ergebnisse des Tets. Es unterstützte die Beteuerungen der Athletin und sagte: "Merlene Ottey hat seit dem 29. Mai bis zum 5. Juli in jeder Woche Wettkämpfe bestritten und stand dabei stets und jederzeit für Dopingtests zur Verfügung. Sie plant jetzt, sich unter der Aufsicht des Jamaikanischen Leichtathletik-Verbanddes einem freiwliigen Dopingtest zu unterziehen und das Ergebnis öffentlich bekannt zu machen."
Manager Daniel Zimmermann, kündigte eine nachdrückliche Verteidigung der Leichtathletin an und sagte: "Sie wird kämpfen !" Zu BBC-Radio sagte Zimmermann: "Ich kann definitiv erklären, dass sie sich gegen die Vorwürfe verteidigen wird. Ich war mit ihr die letzten 40 Stunden zusammen. Es war beeindruckend, wie sicher sie war, dass das Testergebnis unmöglich stimmen könne. Sie ist alle Möglichkeiten durchgegangen, wie es zu dem positiven Ergebnis kommen konnte, aber sie hat dafür keine Erklärungen. Sie will die Wahrheit der Angelegenheit.
Herb Elliott, Jamaikanischer Delegierter auf demIAAF Congress, war deutlich irritiert, als er von Medienvertretern über das Dopingtest-Ergebnnis informiert wurde: "Ein solches Verfahren ist unmöglich. In jedem Labor sollten die Interessen des Athleten geschützt werden, bis die Untersuchungen zu Ende geführt sind", sagte er und verwies auf die fehlende B-Probe. "Es ist noch nichts offiziell. Das Testverfahren ist nicht zuende. Offiziell sind wir nicht informiert. Nach dem normalen Verfahren hat die Athletin das Recht auf eine Anhörung und die Untersuchung der B-Probe. Das ist, soweit wir wissen, noch nicht geschehen. Wir haben Regeln der IAAF, die ein genaues Verfahren vorschreiben, und die sind noch nicht erfüllt. Deswegen können wir keinen Kommentar abgeben. Deswegen können wir keinen Kommentar abgeben. Unser Verband ist offiziell noch nicht informiert worden. Merlene tritt in Sevilla trotzdem nicht an, weil sie eine stolze Frau ist. Das alles ist ein Schock für uns. Ich kenne Merlene, seit sie sieben Jahre alt war. Mit Doping hatte sie nie etwas zu tun."
Neuss, 16.09.99. Jamaikas Sprint-Diva Merlene Ottey, deren Dopingaffäre drei Tage vor dem Auftakt der Leichtathletik-WM von Sevilla weltwei für Aufsehen sorgte, trainiert trotz positiver A- und B-Probe weiterhin, als stünden Wettkämpfe bevor. In Slowenien, Heimat ihres jetzigen Trainers Sryidian Djordevic, hält sich die 39-Jährige laut Manager Daniel Zimmermann (Liechtenstein) für eine Reihe von Tests fit, die ihre Unschuld beweisen sollen.
Doch nachdem die B-Probe laut Mitteilung des jamaikanischen Verbandes vom Mittwoch das positive Ergebnis der Wettkampfkontrolle vom 5. Juli in Luzern bestätigte, bleibt Merlene Ottey bis zur Ende November stattfindenden Anhörung vor ihrem nationalen Verband suspendiert. Diesen Termin bestätigte Manager Zimmermann.
Kann die frühere 200-m- und Staffel-Weltmeisterin dabei keine entlastenden Argumenten liefern, tritt eine zweijährige Sperre in Kraft, die wohl das Karrierenende für Merlene Ottey bedeuten würde. Es sei denn, Wissenschaft und Juristen können ihr helfen.
"Merlene fühlt sich total unschuldig, und wir stehen 100 Prozent hinter ihr", sagt Daniel Zimmermann. Er hat Anwälte in Liechtenstein und Zürich mit dem Fall beauftragt. Derzeit wird ein Ärzteteam formiert, das verschiedene Untersuchungen vornehmen soll. Eine Zielrichtung ist laut Zimmermannn diese: "Im A- und B-Test wurden die Metaboliten Norandrosteron und Noretiocholanolon nachgewiesen. Diese beiden Substanzen können - nach neuesten Erkenntnissen - auch körpereigen produziert werden."
Was Prof. Wilhelm Schänzer, Leiter des Instituts für Biochemie an der Sporthochschule Köln, grundsätzlich nicht bestreitet: "Während einer Schwangerschaft wäre dies normal. Grundsätzlich ist auch eine endogene Produktion möglich, doch bisher wurde diese nur bis zu einem Level von fünf Nanogramm pro Milliliter Urin beobachtet."
Dieser wissenschaftliche Grenzwert wurde bei der Ottey-Probe überschritten, wenn auch laut Zimmermann längst nicht so deutlich wie in den ähnlich gelagerten Fällen der britischen Sprintstars Linford Christie, 100-m-Olympiasieger von 1992, oder Doug Walker, 200-m-Europameister von 1998.
Laut Schänzer wäre es "ein Fall unter 10.000", wenn sich erweisen sollte, dass die körpereigene Metaboliten-Produktion bei Merlene Ottey den derzeitigen wissenschaftlichen Grenzwert deutlich übersteigt. Schänzer räumt ein, dass diese Substanzen undeklariert in Nahrungs-Ergänzungsmitteln enthalten sein können, die in den USA in einer breiten Palette erhältlich sind. Doch dies sei zunächst einmal nachzuweisen. Die Einnahme müsse von den Athleten belegt werden, die vor Dopingkontrollen Angaben über konsumierte Mittel abzugeben haben.
Ottey-Manager Daniel Zimmermann glaubt, es spreche dafür, "dass nicht systematisch etwas passiert sei", wenn Kontrollen seiner Klientin am 12. Mai während des Trainings in Ljubljana, am 30. Juli beim Sportfest in Stockholm und am 27. August zehn Tage nach Bekanntwerden des Falles auf Veranlassung des jamaikanischen Verbandes (Analyse in Indianapolis) negative Resultate gezeigt hätten. Laut Schänzer können Metaboliten allerdings nach wenigen Tagen schon verschwunden sein.
(Quelle: dsf)
Update: Das IAAF-Arbitration Panel (Schiedsgericht) hat am 07.07.2000 die Sperre gegen Merlene Ottey aufgehoben. Hier die Schiedsgericht-Entscheidung in englischer Sprache...
London, 07.09.99. Ein Freispruch ist noch lange kein Freispruch . Diese Erfahrung musste der britische Sprinter Linford Christie machen, nachdem ihn der britische Leichtathletik-Verband (UK Athletics) am Montag vom Dopingvorwurf freigesprochen hatte. Weil die IAAF den Fall aber weiterdrehen will, geht der Olympiasieger über 100 Meter von 1992 nun zum Gegenangriff über.
"Ich glaube, die Tests sind unzuverlässig. Die IAAF sollte Geld investieren und Nachforschungen betreiben. Sie sollte alle Tests auf Nandrolone stoppen, bis sie mit Fug und Recht behaupten kann, dass die Dopingtests zuverlässig sind", sagte der 39-jährige Engländer in einem Interview mit dem staatlichen Fernsehsender BBC.
Im Anschluss an das Dortmunder Hallenmeeting im Februar waren bei Christie Spuren des anabolen Steroids Nandrolone festgestellt worden. Anfang August hatte UK Athletics eine Sperre gegen ihn verhängt, die nun jedoch von der Disziplinarkommission des Verbandes aufgehoben wurde.
Christie ist mit seiner kämpferischen Haltung nicht allein. "Die IAAF ist sehr gut darin, Substanzen zu entdecken. Sie schneidet jedoch sehr schlecht ab, wenn sie erklären soll, wie die Substanzen dorthin (in den Körper) gekommen sind. Ich habe schon oft gedacht, dass die Leute bei der IAAF nicht sorgfältig sind. Das System sollte unschuldige Athleten schützen. Es besteht jedoch die Gefahr, dass es ein unvollkommenes System schützt", sagte David Moorcroft, der Geschäftsführer von UK Athletics, der englischen Tageszeitung "Daily Telegraph."
Sowohl bei Christie als auch bei Moorcroft herrschen Unverständnis und Empörung darüber, dass die IAAF Zweifel am Freispruch des Sprinters durch UK Athletics hat. "Wir müssen uns an das englische Recht halten, und darum müssen wir über jede Zweifel hinaus beweisen, dass der Athlet unschuldig ist, bevor ihm das Gegenteil nachgewiesen werden kann", sagte Moorcroft weiter im "Daily Telegraph."
Damit reagierte der Geschäftsführer von UK Athletics auf Äußerungen von IAAF-Sekretär Istvan Gyulai, der erklärt hatte, dass der Fall für den Weltverband nicht abgeschlossen sei. "Das Dilemma liegt darin, dass UK Athletics erklärt hat, es könne nicht ohne jegliche Zweifel bewiesen werden, dass die vorhandene Substanz in der Dopingprobe von einer verbotenen Substanz stamme. Die IAAF schreibt jedoch vor, dass es keine Rolle spielt, woher die Substanz kommt, wenn sie im Körper nachgewiesen werden kann. Es liegt am Athleten, den Beweis dafür zu erbringen, dass die Substanz natürlichen Ursprungs ist", wird Gyulai am Dienstag in englischen Medien zitiert.
Der britische Leichtathletik-Verband muss sich nicht wundern, wenn Zweifel über seine Urteile bestehen. Nach Dougie Walker, dem Europameister über 200 Meter, hat UK Athletics nun zum zweiten Mal innerhalb eines Monats einen Athleten vom Dopingvorwurf freigesprochen, mit einer Begründung, die im Gegensatz zu den IAAF-Richtlinien steht. "Die Angelegenheit drehte sich um die Substanz, und damit waren die Mengen irrelevant", erklärte UK-Athletics-Sprecherin Jayne Pearce zu dem Prinzip, das sowohl bei Walker als auch bei Christie angewendet wurde.
Die Zweifel werden noch wachsen, wenn sich UK Athletics weiter weigert, die Dopingtests ausländischer Labors anzuerkennen. Und zum zweiten Mal entstand der Eindruck, dass der britische Verband Angst vor eine Zivilklage hatte, die Christie im Falle eines Schuldspruchs angedeutet hatte. Diane Modahl fordert nach dem Freispruch vom Dopingvorwurf Schadenersatz für ihre fünfjährige Sperre.
Damit steht die Glaubwürdigkeit von UK Athletics auf dem Spiel. "Es muss Besorgnis erregen, wenn UK Athletics nicht glaubt, dass britische Athleten Dopingmittel zu sich genommen haben", schreibt auch die seriöse englische Tageszeitung "The Independent." (Quelle: Sportinformationsdienst)
Interview der Stuttgarter Nachrichten vom 11.02.2000 mit IAAF-Generalsekretär Istvan Gyulai über die Art, wie die Leichtathletik mit ihren Regeln umgeht. Ein Auszug:
StN: Wie bewerten Sie die erhebliche Anhäufung so prominenter dopingverdächtiger Athleten in der letzten Zeit?
Istvan Gyulai: Es ist merkwürdig, dass es so viele neue Nandrolon-Fälle gibt. Wir suchen die Erklärung dafür. Mit Gewissheit kann ich sagen, dass etwas im Hintergrund stecken muss, denn vor allem die Anzahl der neuen Fälle in Großbritannien alarmiert uns. Hier läuft etwas gründlich schief. Wir wollen forschen, wie es dazu gekommen ist. Das ändert natürlich nichts an dem Sachverhalt. Unsere Regeln sagen klar, dass es sich um einen Dopingverstoß handelt, wenn im Körper eines Athleten eine verbotene Substanz aufzufinden ist.
StN: Warum geht es ständig um Nandrolon?
Istvan Gyulai: Die wahrscheinlichste Erklärung ist, dass es einen Zusammenhang mit den so genannten Nahrungsergänzungsmitteln gibt. Athleten nehmen diese Mittel in dem Bewusstsein, nichts Verbotenes zu tun, weil auf den Etiketten nicht vermerkt ist, dass sich Dopingmittel darin befinden. Wenn ein Hersteller nicht die richtige Information auf den Etiketten vermerkt, handelt er gewissenlos. Doch selbst wenn das bewiesen würde, könnten wir nicht unsere Regeln außer Kraft setzen. Es handelt sich dennoch um einen Dopingverstoß. Aber wenn die Athleten in dieser Hinsicht mitarbeiten würden, können wir über außerordentliche Umstände sprechen.
StN: Außerordentliche Umstände sind gegeben, wenn ein Athlet behauptet, nichts Unrechtes gegessen, getrunken, gespritzt oder getan zu haben? auf dieser Seite:
Istvan Gyulai: Wenn bewiesen werden kann, dass auf dem Etikett eines Nahrungsergänzungsmittels eine falsche Information steht und es darüber hinaus zu beweisen ist, dass der Athlet dieses Mittel genommen hat, dann haben wir schon einen starken Verdacht, dass es sich nicht um einen absichtlichen Dopingverstoß handelt. Aber man muss sich auch darüber im Klaren sein, dass einige Council-Mitglieder ganz stur sagen, das sei nicht unsere Sache; unsere Sache sei die strikte Einhaltung der bestehenden Regeln. Dazu zähle ich auch den Deutschen Leichtathletik-Verband, der sich im Fall Dieter Baumann sehr brav an die existierenden Regeln gehalten hat.
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Interview mit IAAF-Generalsekr.Istvan Gyualai v.11.02.00 Top